Kampagne: Den besten Kraken sieht man nicht - Danyal Khaye

Sie setzen sich langsam in Bewegung, wobei jeder ein wenig von dem Gepäck schultert. Auf der Gartenmauer versucht eine Echse, den besten Sonnenplatz gegen eine widerspenstige Vogelspinne zu verteidigen, die meint, dort nun unbeding durchkrabbeln zu müssen.

Danyal beobachtet die beiden Tiere in ihrem winzigen Konflikt, während er kurz nachdenkt.

Sie kommen an einigen Häusern vorbei, aus denen die Leute heraus völlig unfutunisch freundlich winken und grüßen. Lehimi sind doch irgendwie komisch, wie so ständig offen und nett zu sein scheinen. Dann sind sie auf einem gut gepflegten Pflasterweg zwischen Farngärten mit kleinen Buchten mit Bänken und Schirmen zum Verweilen. Nur gelegentlich kommen freundlich grüßende Lehimi vorbei, oft in Familien mit Kindern. Und an einer jungen Frau mit Strohhut, die emsig die Platten kehrt.

Gemeinsam mit den Zwillingen folgt er dem Weg durch die idyllische Gegend. Lehim zeigt sich von seiner besten Seite. Verstört registriert Danyal die Freundlichkeit der Lehimi. Er ist immer noch von seiner unfreundlichen Behandlung auf Hatha geprägt und traut dem Braten nicht. Zurückhaltend grüßt er zurück.

Auch wenn der weiße und weiche Strand sicher einladend ist, die etwa achtzig Personen - beim Militär lernt man ja, Personen schnell zu zählen - nutzen die Fläche doch recht gut aus. Vor allem Eltern scheinen ihre Kinder hier dem Meer zuführen zu wollen. Aber auch die Zwillinge werden bei den Jugendlichen sicher wie gewollt fündig. Ob man jedoch einen ruhigen abgeschiedenen Platz für sich ergattern mag, bleibt offen. Vielleicht wird es ja besser, wenn man am Strand entlang weiter von der Stadt wegläuft, aber das dauert sicher.

Danyal, der das Bedürfniss der Zwillinge nach der Gesellschaft fremder Leute nicht versteht, vergisst diesen Aspekt schlichtweg, als er den vollen Strand betrachtet. Er hat gerade nur seinen eigenen Wunsch nach Erholung im Kopf.

In der Pause zwischen den Worten lächeln sie beide fast gleichzeitig ein paar jungen Frauen zu, die sich offenbar für die beiden (und Danyal) in Pose geworfen haben. Sie erinnern ihn irgendwie an die Frauen bei der Orgie, jedenfalls scheinen sie ebenso aufgeschlossen wie schamfrei zu sein. Die eine präsentiert ihren vollen Busen, eine andere fährt sich mit dem einen Finger über den weitgehend fettarmen Oberleib. Die anderen werfen sich nur mehr in Pose oder richten ihre Haare.

Danyals schießt das Blut in den Kopf. Scheinbar ist es nicht selbstverständlich, dass man den Strand besucht, um zu schwimmen ... ohne stehenzubleiben geht er weiter, wobei er versucht, möglichst viel Normalität auszustrahlen (oder das, was er dafür hält).

Die Zwillinge bleiben einen Moment verdutzt stehen, bevor sie den Frauen entschuldigend zuwinken und zu Danyal aufschließen. Beide ziehen resignierende Gesichter.

Er fuchtelt mit der Hand in eine unbestimmte weite Ferne.

Einer von beiden hält Danyal das Display des Datenpads hin, auf welchem man schön sehen kann, dass der Strand noch Kilometer weit geht. Ein Icon weist auf darauf hin, dass es sich um einen beliebten Sandstrand handelt. Irgendwie fehlt aber die Funktion wie im Kernreich, bei der man genau sehen kann, wer gerade am Strand ist.

Danyal lässt sich zu einem unglücklichen Aufstöhnen hinreißen. Das liegt jedoch nicht an der Aussicht, das Gepäck noch länger tragen zu müssen.

Das klingt maximal unglaubwürdig, wenn auch nicht völlig. Vielleicht stimmt eine der Aussagen zumindest zum Teil. Aber welche inwiefern? Die Zwillinge lassen Danyal stehen und schlendern den Strand entlang, wobei sie offenbar nach weiteren "Eroberungen" Ausschau halten.

Danyal schließt sich den Zwilligen an, die er immer noch nicht auseinanderhalten kann. Er fragt sich, wie man so fixiert auf sein Sexualleben sein kann, besonders, wenn man im Falle des Erfolgs dafür denjenigen, mit dem man eigentlich unterwegs ist, links liegen lassen muss wie eine nassgewordene Socke. Aber da er sich damit arrangiert hat, in seinen Ansichten und seiner Wahrnehmung ein exotischer Sonderling zu sein, akzeptiert er diesen Umstand und trottet brav über den Sand, den Blick sehnsüchtig aufs Meer gerichtet.

Wirklich leerer wird der Strand nicht, aber man kann schon erkennen, dass die Häuser lichter werden. Und durchaus protziger. Und dann kommt ein Hotel in Sicht, vor dem eine gewaltige Anzahl von Menschen den Strand belagert. Ob das in Danyals Sinne ist?

Wohl oder übel muss Danyal vor den Menschenmassen kapitulieren. Er hält Ausschau nach einem Fleckchen Strand in Wassernähe mit möglichst langweiliger Nachbarschaft.

Dass das Tauchen auch ohne jegliche Technik möglich ist, weiß Danyal. Aber wie das gehen soll, ist für ihn ein Mysterium. Er schöpft ein wenig Hoffnung. Vielleicht finden die Zwillinge (oder wenigstens einer) ja Gefallen daran, mit ihm zu tauchen, anstatt sich anderweitig zu vergnügen?

Sie stellen das Gepäck und beginnen einen Sichtschutz aufzubauen aus Stoff und Befestigungen. Es fehlt nur noch eine Plane und man könnte es für ein Zelt halten. Dann werfen sie ihre gesamte Kleidung ab und beginnen sich gegenseitig mit Sonnenschutz einzureiben.

Wäre ja auch zu schön gewesen.

Und das kann einige Stunden dauern - ein Vorteil, den viele Leute mit sehr dunklem Haar genießen. Er richtet sich häuslich an seinem Stückchen Strand ein und macht sich fertig zum baden.

Er könnte sicher merken, dass ihre Haare nicht heller sind.

Danyal beachtet den Kommentar nicht weiter. Er kennt seine Zeiten und weiß, dass sie ihm genügen. Damit geht er ins Meer und sucht sich eine schöne Strecke, um einige Kilometer zu schwimmen. Damit wird er so zwei Stündchen beschäftigt sein, ehe seine Schultern ihm mitteilen werden, dass er eine Pause benötigt.