Die Stimme des Sturms

  • R O L L E N S P I E L:

    Das goldene Licht der aufgehenden Sonne fällt an diesem Morgen auf einen neuen Sonnenpriester, der noch etwas zaghaft aus dem Eingang seines Tempels tritt. Er kneift die Augen gegen das kühle Winterlicht zusammen. Sanft wiegen sich die Palmen, ein Schwarm Kormorane steigt auf. Gerade als dem Priester auffällt, dass er er friert, hilft ihm schon ein Tempeldiener in die Winterrobe, als hätte er seine Gedanken gelesen. An so viel Fürsorge würde er sich noch gewöhnen müssen. Frost kennt man auf Khadesh nur auf den höchsten Gipfeln des Gebirges, doch die Winter zeigen sich kühl und regnerisch. Da ist eine Winterrobe angebracht.

    Der neue Priester steigt mit erhabener Langsamkeit die breite Treppe hinab zur Weltlichkeit. Seit der Weihe heißt er Malkuth. Es ist der gleiche Name, den sein verschollener Vorgänger getragen hat, den man nach langer Suche für tot erklärte, sowie dessen Vorgänger - bis hin zum Anbeginn der Überlieferung. Alle Stimmen des Sturms heißen Malkuth. Doch der Ankunft des Neuen zum Trotz geben weder Volk noch Obrigkeit ein Fest, um ihn zu begrüßen, denn offiziell ist Malkuth gar nicht gestorben. Die Stimme des Sturms stirbt nie, nur ihr Klang ändert sich. Malkuth ist ewig, so wie die Sonne und der Sturm, und ewig ist seine Aufgabe.

    Und doch muss der gegenwärtige Malkuth nun damit leben, dass ihn ein Ehrenspalier schwer bewaffneter Parshans empfängt und auf dem Rundweg durch seine neue Heimat begleiten will. Fragend sieht er den Tempeldiener an, doch der zuckt die Schultern und raunt ihm demütig etwas zu. Malkuth nickt und setzt seinen Weg gemessenen Schrittes fort, als hätte alles seine Ordnung. Auf die Parshans hat ihn deshalb niemand vorbereitet, weil niemand im Tempel des Sturms davon wusste.

    Das ist neu.

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