Die übliche Umtriebe des Akash, Zhubar al-banabi, erregten immer Unwillen unter der mehrheitlichen Bevölkerung, vor allem weil er in typisch futunischer Manier keine Grenzen an seinen Genuss des weiblichen Geschlechtes knüpfte und auch nach Erreichen des dreißigten Lebensjahres nicht den Anschein machte, sich irgendeiner Form der Ehe zu ergeben und dagegen seine drei Sprößlinge fröhlich durch den Garten seiner Residenz toben zu lassen ohne die Bitten der örtlichen Geistlichkeit nach vorbildlichen abendländischen Anstand zu beachten. Dazu kam die unselige Angewohnheit, bei seinen Gesprächen mit selbsternannten und an sich öffentlich bekannten Moralinstitutionen einfach ein paar Geldscheine auf den Tisch zu knallen und mitten im Gespräch zu gehen, und zwar in einer solchen eklatanten Unverschämtheit, dass selbst dem korruptesten Vertreter die Galle hochkam. Lediglich der jüngere Bruder, Vanash al-banabi, bemühte sich die Wogen ein wenig zu glätten. Dabei half wohl, dass er bereits mit 26 eine wahre Musterehe ohne Ausrutscher oder Skandale führte und die Tochter engelhaften Anstand an den Tag legte.

Akashir Thandara: Tatort: Modeatelier
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R O L L E N S P I E L:
In seiner Residenz schritt Apezpikua (Bischof) Jesús María Aguirre auf und ab. Seine neueste Petition war vom Akash einfach übergegangen worden. Damit war sein Wunsch, das Bistum stärker zu zentralisieren, vorerst abgeschmettert. In der Theorie war dem Bistum die Region seiner ehemaligen Ausdehnung zugesprochen, aber durch die Nationalisierung und Anpassung, wurde es lediglich auf Thandara, dessen Umland und die Inseln beschränkt. Die Städte im Norden und Westen waren Teil einer anderen Einordnung, aber de facto Niemandsland. Das kam dem Akash wohl entgegen, wobei Jesús eher vermutete, dass es ihm schlichtweg egal war. So mussten die Gläubigen weiterhin unter ungewisser Führung darben.
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Abseits solch hoher Herrschaften und Potentaten und weit entfernt von der in Thandara wohnenden futunischen Oberschicht waren die Bewohner des Fürstentums nicht zufrieden mit ihrem Los, aber diesem auch nicht gänzlich abgeneigt. Es schmerzte doch sehr, in seiner Heimat Bürger zweiter Klasse neben den Privilegierten aus einer Kultur zu sein, die für die meisten auch von einem anderen Planeten hätte stammen können. Zudem war das Mitspracherecht auf eine lediglich beratende Versammlung und ein paar kleine lokale Selbstverwaltungen bestimmt. Und das war in modernen Zeiten einfach viel zu wenig, egal wieviel allgemeiner Wohlstand generiert wurde. Eine Zeit lang hatten die meisten versucht, die Kirche zum Eingriff zu bewegen, doch nachdem klar wurde, dass diese die Unzufriedenheit nur für ihre eigene Machtpositionsverbesserung nutzte und manipulieren wollte, suchte man nunmehr neue Wege. Dabei war vielen Bewohnern wenig bewusst, dass jenseits von Akash und futunischer Pseudoadelsschicht die Hegemonie auf eine solche Eskalation nur lauerte. Nur einige wenige besonders interessierte vermochten zu ahnen, dass da weitaus gefährlichere Kräfte warteten.
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Das Leben abseits von Thandara selbst war weitaus entspannter. Auf dem Land drehte es sich mehr um das Wetter, die neuesten Serien und den üblichen Klatsch. Bauern grummelten über ausbleibenden Regen, über die Mängel in der Infrastruktur - denn was nutzte die beste Bahnverbindung und schnelles Netz, wenn man auf die Straßen angewiesen war auf dem Land und die Erneuerung auf sich warten ließ - und die tiefen Verkaufspreise. In den kleineren Städten ging alles seinen Gang. In den größeren Städten war man eher auf Lokalpolitik fixiert und es war sehr selten, dass die futunische Oberschicht sich anderswo blicken ließ und dann wohl nur zum Urlaub und dann waren sie eigentlich recht aushaltbar. Sie bevorzugten ja sowieso eher die Inseln und dort sorgten sie für einige Mehreinnahmen, so dass man auch die gelegentliche Fixierung auf ihr entferntes Heimatland - wenn das so toll war, warum lebten sie dann hier? - mit einem Lächeln übersah.
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Auf den Inseln war man noch weiter von den Realitäten des Festlandes entfernt. Abgesehen von einer formalen Zugehörigkeit was Sprache und wohl auch Glaube, so er in der Moderne noch groß eine Rolle spielte, konnte man auch glauben, in einem anderen Land zu sein. Generell sah man hier nichts abgesehen von Steuern, Waren und Infrastruktur und vielleicht dem Angebot der Streamingdienste. Generell hatte man sich auf den Tourismus konzentriert und traditionelle Schafszucht oder Fischfang wurde nur nebenbei betrieben. Nur die Jugend war frustriert, dass auch die noch so beste Ausbildung nicht dabei half, von der Oberschicht als gleichwertig wahrgenommen zu werden.
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Die unbeliebteste Person in Thandara war die offizielle Gesandtin des Großwesirs, Pari Yasiri, die wenig diplomatisch darauf hingewiesen hatte, dass sie bei "Bedarf" die Annektion durch die Hegemonie empfehlen würde. Darunter versteht sie scheinbar die Umwandlung in ein direktes Protektorat. Das kann dann alles zwischen Khotso und Bokuruge bedeuten und missfällt sowohl den herrschenden Fürsten, der unangepassten und im Luxus schwelgenden futunischen Oberschicht wie auch den Einheimischen vom Tagelöhner bis zum Bischof. Man kann sie nicht so einfach loswerden und die Hegemonie ist auch an sich nützlich, aber man möchte sie auch nicht direkter vor der Nase haben.
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R O L L E N S P I E L:
In einer Kunstausstellung in Ideakez wurden Bilder diverse Schuharten präsentiert. Dabei kamen es zu einigen Auseinandersetzungen wegen dem unfassbar hässlichen Bild eines fadalischen Holzschuhs. Die Frage, was ein solch abstoßendes Bild in einer Sammlung anderer detaillierter Kunstwerke mit Publikumsverkehr zu tun hatte, wäre ohne den beherzten Einsatz von Sicherheitskräften wohl in einer handfesten Prügelei zwischen Kurator und Kritikern eskaliert. Eine ältere Kunstliebhaberin musste wegen Kreislaufzusammenbruch gar medizinisch betreut werden.
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R O L L E N S P I E L:
Mit dem Besuch des Großwesirs findet eine seltsame Normalität ihren Platz. Statt ständiger Feiern und Feste gehen die Bewohner der Abwechslung mal einer ruhigeren Tätigkeit nach. Statt der zwanzigsten Sportvorstellung, Dauerbespaßung oder Kunstvorführung liegen die meisten am Strand oder an beheizten Thermen, je nach Wetterfühligkeit. Andere verbringen die Zeit mit mehr Spaziergängen. Die Künstler selbst sind immer noch im Anwesen gefragt, weil der Großwesir aus irgendeinem Grund etwas über Bezahlung, Behandlung und Überstunden wissen möchte.
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R O L L E N S P I E L:
Zu den üblichen Verbrechen in Thandara gehört die so bezeichnete Neuinterpretation. Diese wohl hässlichste "Schule" "moderner Kunst" vermengt Gegenwartskritik mit anticäischen und futunischen Stilen, um Werke zu produzieren, bei denen Wut und Tränen noch die geringste Reaktion ist. Mit diesen Schandwerken versuchen Jugendkünstler seit Jahren die Innenstädte und auch öffentliche Plätze allgemein vollzümüllen. Es ist nicht auszuschließen, dass ein boshafter Gönner das alles als peride Terrorattacke inszeniert.
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