Kampagne: Den besten Kraken sieht man nicht - Danyal Khaye

Sie sucht nach anderen Karten, scheint aber nicht zu finden, was sie sucht.

Das Angebot kommt überraschend.

Und wahrscheinlich wäre es klüger, jetzt einen auf dicke Hose zu machen und abzulehnen, oder irgendeinen Spruch zum Besten zu geben. Aber Danyal ist traurig, auch wenn er es überspielt, und fühlt sich entsetzlich allein hier am letzten Zipfel der Hegemonie, weit weg von den alten Kameraden und seiner Familie, in seinem neuen Beruf, dank dem alle Welt ihn entweder hasst oder tot sehen will.

Er nickt und fühlt sich dabei entsetzlich jung.

Licht 1: In dem Moment erscheint Zaina nicht wie eine Hexe, sondern vielleicht eine älte Respektperson, vielleicht so eine Art Mutter ohne sich die Position aneignen zu wollen, jemand mit starken Armen und einer Menge innerer Kraft, um einfach nur zu halten. Verlässlich und nicht nachtragend. Der Moment, so spürt Danyal, wird diesen Raum nicht verlassen und nie zur Sprache kommen, selbst wenn er Zaina wegschicken sollte. Das ist eine eigene Integrität, denn es gibt offenbar Dinge, die tut man einfach nicht anderen an.

Stumm legt sie Danyal die Arme um und hält ihn ohne Druck ruhig und bestimmt.

Zaina kann spüren, wie Danyal sich in ihren Armen entspannt. Er fühlt sich geborgen und sicher, so dass er sogar die Augen schließt und den Moment einfach auf sich wirken lässt. Vorsichtig bettet er seinen Kopf auf ihrem Haar. In diesem Augenblick ist Danyal ganz in sich ruhend und die Trauer, die er im Herzen trägt, rückt in den Hintergrund, sei es, weil Zaina Bel-Hak eine angenehme Person ist, der er vertrauen möchte, oder weil Danyals körperliche Empfindungen nicht so abgestumpft sind wie die vieler anderer Futunen. Es kommt selten vor, dass er solche Nähe zulässt, denn vorher muss für ihn die innere Nähe gegeben sein. So kann er den Augenblick als etwas Wertvolles genießen, das Zaina ihm schenkt, und ein kaum wahrnehmbares Lächeln schleicht sich in sein Gesicht.

Nach einer längeren Zeitspanne löst sie die Umarmung und tritt zurück. Sie nickt ihm freundlich zu und wird wieder zur Gesandten und Hexe.

Danyal erwidert das Nicken nicht minder freundlich. Er fühlt sich viel besser, als noch zu Beginn des Tages.

Nun wird also der rechte kleine Finger trainiert. Obwohl Danyal das amüsant findet, hinterfragt er die Methodik nicht. Er hat ja erlebt, dass Zaina weiß, wovon sie spricht.

Da Danyal annimmt, dass sie in diesem Moment beginnen, kommt er dem nach. Er versucht ganz ruhig zu stehen und nichts zu bewegen, von den winzigen Bewegungen abgesehen, die der Wahrung des Gleichgewichts dienen.

Er lässt sich auf einen Stuhl sinken, nimmt eine bequeme Haltung ein und versucht es erneut.

Er lässt die Augen geschlossen und eine Weile schweigt er, in dem Versuch, nichts anderes zu tun, als den kleinen Finger auf und ab zu bewegen, ohne ihn zu knicken, damit möglichst wenige Muskeln benutzt werden, am besten nur ein einziger.

Das dürfte das seltsamste Mantra sein, das Danyal je gehört hat. Vielleicht hat die Hexe ja einen Sprung in der Schüssel.

Er verkneift sich alle weiteren Worte, er will ja lernen. Aber dass unter der Kuppe ein Muskel sein soll, das hat er noch nicht gewusst! Er gibt sein Bestes, Zainas Empfehlungen zu folgen, sitzt ganz still da und konzentriert sich auf die winzigen Bewegungen, die sein kleiner Finger macht, nicht wissend, ob er überhaupt den richtigen Muskel benutzt. Aber auch daran versucht er nicht zu denken. Zaina wird sich schon melden, wenn sie einen Fehler sieht.

Aus Momenten werden Minuten, dann ziehen auch diese sich hin. Trainiert er überhaupt einen wirklichen oder eingebildeten Muskel? Verspannt er gerade etwas? Ist das nur eine Konzentrationsübung? Hat das alles einen Sinn? Doch irgendwann schwindet auch das im Nichts der seltsamen Versenkung und Konzentration. Schließlich wird er daraus gerisse als Zaina die Tür öffnet. Über ihre Schulter sagt sie.

Kein Wort des Lobes oder der Rüge, nur eine Ansage. Hat er nun etwas richtig gemacht oder nicht?

Etwas erstaunt schlägt er die Augen auf.

Nachdem Zaina entschwunden ist, bleibt er noch einen Moment verwirrt sitzen, ehe er sich das Buch greift, um endlich herauszufinden, welche diese berühmteste aller Hexen ist. Vielleicht stehen auch ansonsten ein paar Interessante Dinge über Hexen darin. Er soll sich ausruhen, also tut er das auch und liest