Beiträge von Tiam Torabi

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam stimmt begeistert zu, während der Tagtraum eines Lebens in verschwenderischem Überfluss vor seinem inneren Auge vorbeizieht:

    Adrettes Personal, das seinen luxuriösen Haushalt erledigt, so dass er keine Sekunde mehr fürs Aufräumen und Putzen verschwenden muss, eine Nobelkarre samt Fahrer, der 24 Stunden am Tag für ihn erreichbar ist. Am besten auch einen Piloten samt Privatjet und Hubschrauber, so dass Tiam problemlos in aller Welt recherchieren kann. An jedem Landeplatz ein Empfang, der seiner würdig ist.

    Eine Sekretärin, die seinen Wust an Unterlagen in Ordnung hält, die seine ungerechten Ausraster über sich ergehen lässt und anschließend noch Danke sagt, weil sie ihren Job behalten will. Einen Assistenten, der ihm Tag und Nacht wie ein treuer Hund hinterherhechelt und ihm jeden Wunsch von den Augen abliest, der fleißig alles erledigt, während Tiam von den durchzechten Nächten ausschläft, die er mit seinen einflussreichen Freunden durchgemacht hat.

    Sein Pseudonym unter dem Leitartikel jeder Veröffentlichung der Stiftung Persuna. Der Bericht vom Rücktritt irgendeiner wichtigen Konkurrenz, die Tiam über Monate hinweg systematisch ins Burnout geschrieben hat. Maßgeschneiderte Kleidung und Schuhe aus irgendeiner geschützten Tierart, einfach weil er es kann.

    Und natürlich die beste Uhr, die man in Yanth kaufen kann! Mit genügend Geld wird er eigene Zeitung herausbringen, in der es nur um Uhren aus Yanth geht, Information und Werbung zugleich, damit die Leute aufhören, mit diesen peinlichen Apparaturen von sonst wo herumzulaufen, die dermaßen ungenau sind, dass man die Uhrzeit auch an der Sonne abschätzen könnte. Steigende Verkaufszahlen, Erschließung neuer Märkte. Yanths bröckelnde Wirtschaft gerettet von niemand geringerem als ihm.

    Vor lauter Selbstherrlichkeit hat Tiam einen Ständer bekommen. Mit glühenden Wangen starrt er auf sein Datenpad.

    R O L L E N S P I E L:

    Da Tiam sein neues Datenpad gut geschützt wähnt, kommt ihm nicht der Gedanke, dass etwas an der technischen Störung suspekt sein könnte. Der anonyme "Freund" wird sicher jemand sein, der ihm vom Großwesir zugespielt wurde, damit er in Diyarasu erste Kontakte knüpfen und ein wenig Spaß haben kann. So beeilt er sich, eine Antwort zu tippen, in welcher er seine Neugierde zum Ausdruck bringt.

    Das habe ich bisher auch ganz gut ohne göttliche Hilfe hinbekommen. Euch auch noch einen schönen Tag.

    R O L L E N S P I E L:

    Er weiß gar nicht, warum sie so garstig zu ihm sind, er selbst findet sich ausgesprochen liebenswert. Als sie fort sind, lässt er sein Essen zunächst stehen, weil er lieber schreiben will, solange die Eindrücke noch frisch sind. So, wie der Künstler zur täglichen Übung sein Skizzenbuch braucht, benötigt auch der Reporter sein Notizbuch voller Ideen, spannenden Fakten, Formulierungen und Gedankenspielen.

    Eine Tür aus Jade, verheißungsvoll verziert mit Diamanten, aber schwer und kalt ...

    R O L L E N S P I E L:

    Nachdem die Erinnerung konserviert und um einige Gedankenspiele und Verweise ergänzt ist, pickt Tiam in seinem Essen herum, gedanklich ganz woanders. Ein Rest verbleibt auf seinem Teller. Er wirft sich bäuchlings aufs Bett, wobei die Stiefel über die Bettkante ragen. Einzuschlafen erweist sich als Ding der Unmöglichkeit und so versucht er, sich eine Einschlafhilfe zu organisieren.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam ist von einer verborgenen Kamera ausgegangen, die den Großwesir als solchen identifizierte, so dass die Tür sich ohne aktives Zutun für diesen öffnete. Tiams größenwahnsinnige Anwandlung, das würde auch für des Großwesirs neuen Agenten gelten, hat sich allerdings als falsch herausgestellt. Er legt den Kopf schrägt und stemmt die freie Hand in die Hüfte, die andere hält den Gurt der Stofftasche.

    Hm! Hm-hm!

    R O L L E N S P I E L:

    Er überlegt, seine Augen wandern die Tür auf und ab. Hätte er bei der Arsham mal genauer hingesehen. Er holt nun auch sein neues Datenpad heraus und schaut, ob es dort einen Hinweis zur Öffnung der Tür gibt. Sonst muss er eben wieder zerren.

    Na ja, bei so einem noblen Zimmer? Die Offiziere haben ihre Ordonnanzen, vielleicht geben die mir eine ab.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam lächelt bei der Aussicht auf all den Luxus, den der Großwesir ihm für Diyarasu in Aussicht stellte. Marktwirtschaft muss etwas Großartiges sein. Als die Jadetür für den Großwesir einfach aufschwingt, während er selbst sie ächzend per Hand aufschieben musste, hätte er fast aufgelacht.

    Nachdem Jaavid Lya Gried verschwunden ist, stellt Tiam sich vor die Tür und wartet, ob sie sich von dieser Seite aus für ihn ebenfalls öffnet. Wie die Arsham das gemacht hatte, hat er nur am Rande mitbekommen, weil er sich auf den Großwesir konzentriert hatte. Er macht eine beschwörende Handbewegung und befielt:

    Öffne dich!

    Guuuut! Fleißig arbeiten und den Starreporter verkörpern. Freundlich zu Zhuo Lin sein und Chinopisch lernen. Teezeremonie ernst nehmen. Das sollte zu schaffen sein.

    R O L L E N S P I E L:

    Bis morgen Mittag hat er noch Gelegenheit, den Luxus seiner derzeitigen Unterkunft zu genießen. Zeit genug, herauszufinden, welcher Service so alles dazugehört. Aufgekratzt sieht er dem Großwesir nach, der in Richtung Tür wandelt. Mal sehen, wie er das schwere Ding aufzuwuchten gedenkt.

    Hm? Freiwirtschaft? Ja, es kann sein, dass das mal in der Schule erwähnt worden ist. Jetzt, wo du es sagst, dämmert es mir wieder.

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    Seine grauenvollen Noten und sein gelegentliches Schwänzen lässt er besser unerwähnt, ebenso, dass ihn die Erklärung von Jaavid davor rettet, bei der Thematik wie ein Schwein ins Uhrwerk zu schauen. Allerdings wird ihm klar, dass künftig auch Recherche in Bereichen notwendig sein muss, die ihn bislang nicht interessiert haben, wenn er gute Artikel liefern will.

    Reporter ist freilich ein wundervoller und sehr passender Mantel! Du hast sicher meine zahlreichen Veröffentlichungen im Weltnetz gelesen und ich bin auch der Kopf hinter der virtuellen Präsentation meiner Einheit. Du hast einen Profi vor dir. Und die Stiftung Persuna ist mein offizieller Arbeitgeber, ja? Nur für den Fall der Fälle: Weiß dein Bruder davon, dass ich kein normaler Reporter bin oder soll ich den auch an der Nase herumführen?

    R O L L E N S P I E L:

    Besser, er fragt vorher. Angeblich sind die Brüder sich ja nicht ganz knusper. Durchaus denkbar, dass der große Gried gar nicht eingeweiht werden soll, wenn der kleine seine Fäden spinnt.

    R O L L E N S P I E L:

    Mit todunglücklichem Blick trottet die Arsham hinaus. Was mag hier in den letzten Minuten besprochen worden sein? Sie wird kaum so traurig dreinblicken, weil Tiams den Raum betreten hat. So viele Fragen, so wenige Antworten. Tiams grüne Augen richten sich auf den Großwesir, der ihm mit seinem ersten Satz fast aus den Stiefeln haut. Was für einen Klopper. Er fängt den Ausweis und das Datenpad, letzteres wäre ihm vor Schreck fast heruntergefallen.

    Dein Agent? Großartig! Und für die Stiftung zu arbeiten habe ich mir schon immer gewünscht! Es ist mir eine Ehre, eine Freude! Ich bin noch von der letzten Mahlzeit satt, danke, habe sowieso zu viel gefuttert in den letzten Tagen. Mir war nach dem Dienst langweilig.

    R O L L E N S P I E L:

    Ausgerechnet, weil der Oberlangweiler Danyal nicht mehr da ist. Der wird Bauklötze staunen, wenn er erfährt, was Tiam fortan so treibt!

    Die Arbeit in Diyarasu hört sich großartig an, Jaavid! Ich benötige ein großzügiges Budget für Gefälligkeiten, denn Informationen kosten, und freilich auch, um es zu verschleudern, wenn ich den wohlsituierten Mittelstand glaubwürdig verkörpern soll. Eine luxuriöse Wohnung sieht man schließlich nur, wenn ich jemanden zu mir nach Hause einlade, nicht wahr? Welchen beruflichen Mantel trage ich im Detail? Die Leute werden misstrauisch sein, Fragen stellen, bohren! So sind Menschen, Jaavid. Sie suchen Antworten und ich muss ihnen welche geben können.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam salutiert augenblicklich vor der Ersten Arsham. Seine Stiefelspitzen zeigen exakt die vorgeschriebenen 60° auseinander, Hand und Unterarm bilden eine perfekte Gerade. Er bietet einen militärisch vollkommenen Anblick, der seinem Ausbilder die Freudentränen in die Augen getrieben hätte, würde der nicht in Hassakur verschimmeln.

    Erste Arsham Bitaa Marjaan! Parshan Tiam Torabi, ich melde mich wie befohlen. Zwei freundliche Wächter des Waldes haben mich mit dieser Uniform ausgestattet und mir mitgeteilt, dass meine Präsenz erwünscht ist. Den Anlass haben sie wohl versäumt zu erwähnen.

    Das ist kein Problem. Falls ich dafür einen Anschiss bekomme, kann ich es ja euch in die Stiefel schieben.

    R O L L E N S P I E L:

    Er blinzelt verschmitzt, als sei das nur ein Witz, meint es allerdings vollkommen ernst. Andere für seine Verfehlungen büßen zu lassen hält er für eine bequeme Option. Sie trampeln los. Aufgrund der Panzerung der beiden Wächter des Waldes wirkt Tiam hinter ihnen zierlich, obwohl er für einen Parshan durchschnittlich gebaut ist.

    Dem Atash, der Tiam im Vorbeigehen wütend anblickt, zeigt er ein trauriges Gesicht und sieht dann vielsagend in Richtung der beiden Wächter, die vor ihm durch die Gänge poltern. Tatsächlich ist Tiam jedoch überhaupt nicht traurig, sondern aufgekratzt und neugierig.

    Außerdem fragt er sich, was die alte Frau da mit den ganzen Offizieren zu bereden hat. Die Aufregung ist ja nicht zu übersehen, irgendetwas muss geschehen sein. Liegt es an der Gegenwart des Großwesirs? Tiam wird es nicht erfahren.

    Ihr Ziel ist scheinbar eine Jadetür voller Diamanten. Als die beiden Wächter sich wieder verabschieden, meint Tiam zu ihnen:

    Ja, macht's gut!

    R O L L E N S P I E L:

    Dann macht er sich an der Jadetür zu schaffen. Wer baut denn Jadetüren in einer Militärbasis? Wer besetzt sie mit bunten Klunkern? Und warum geht sie so schwer auf, die wiegt ja so viel wie eine T90, eine Brandschutztür der höchsten Widerstandsklasse. Gibt es nicht auch für Jadetüren Mechanismen, die das Öffnen erleichtern? Darf er überhaupt eintreten? Wenn nicht, sind im Zweifelsfall ebenso die Wächter schuld. Tiam gleitet durch einen schmalen Spalt ins Innere und lässt die schwere Tür hinter sich wieder zufallen.

    Masa al'hrem?!

    R O L L E N S P I E L:

    Mitten im luxuriösen Raum stehend lauscht er, ob auf seinen Gruß irgendwer erscheint. Etwas anzufassen wagt er nicht, aber er schaut sich neugierig um. Seine Hand liegt nervös auf der Umhängetasche, durch deren Stoff er sein Notizbuch spürt, was er jetzt am liebsten benutzen würde.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam, der in relativer Armut aufgewachsen ist - es gab genug zu Essen, da es ja von der Hegemonie zugeteilt wird, aber keinerlei Luxus - schaut sich begeistert um. Seine Finger gleiten über den Marmor, als müsse er sich davon überzeugen, dass all das echt sei. Das Fenster ist für ihn nur des einfallenden Lichts wegen interessant. Er verspürt nicht im mindesten die Ambition, die Hegemonie von seiner Präsenz zu befreien.

    Unter der Dusche trällert er ein Lied und singt dabei auch recht gut. Die bereitliegende Uniform betrachtet er erst nach dem Abtrocknen genau, weil er sie nicht beschmutzen will. Sehr schick! Da sie anders aussieht als seine, wird er heute wohl versetzt?! Er zieht sich an und betrachtet sich damit im Spiegel, streckt auch die Arme nach vorn. Sitzt sehr gut, genau seine Größe. Jetzt noch die Haare, er rubbelt sie einfach mit dem Handtuch trocken.

    So tritt er aus der Tür, strahlt die beiden Wächter an.

    Leute, ich bin so weit! Nehmt ihr mich so mit oder warten wir noch auf etwas?

    R O L L E N S P I E L:

    Soll er jetzt vor denen salutieren? Scheinbar irgendwelche Wächter des Waldes, sind die jetzt Vorgesetzte? Tiam hat keine Ahnung, sie stellen sich ja nicht vor! Sie nehmen ihm die Entscheidung ab und legen sofort los damit, ihn abzuführen. Das ergibt eine gute Geschichte, er hätte so viele Fragen! Wer genau sind die Kerle, wie sind sie auf ihn angesetzt worden, was soll damit bezweckt werden, fühlen sie keine Gewissensbisse, was würden ihre Mütter dazu sagen, welche dramatischen Folgen könnte ihr Handeln für die Hegemonie haben und vor allem: Warum wird Tiam nun abgeführt? Doch in Anbetracht der eindrucksvollen Erscheinungen hält er es für besser, all das herunterzuschlucken. Er sieht sie fast schon widerlich freundlich an, hat seine Unschuldsmiene aufgesetzt.

    Natürlich, einen Moment bitte.

    R O L L E N S P I E L:

    Rasch schlüpft er in die Stiefel und die Jacke, grapscht sein Datenpad, wirft es in die zivile Stofftasche mit seinen handschriftlichen Notizen und anderem Kleinkram, zerrt den Reißverschluss zu, kontrolliert, ob er seine Uhr am Handgelenk hat und wirft sich die Tasche über die Schulter.

    Wir können!

    R O L L E N S P I E L:

    Er grinst, als würden sie nun zu einem gemeinsamen Urlaub aufbrechen. Der Großwesir will ihn also sehen. Jaavid Lya Gried. So, so! Über den hat er natürlich auch einen dicken Batzen Notizen angelegt, geschrieben allerdings noch nicht. Heute wird Tiams Karriere entweder einen großen Schritt nach vorn machen oder in den Abgrund führen. Kein Wunder, dass er duschen soll, bei dem Schweiß, der ihm jetzt den Rücken runtersickert.