Beiträge von Bokuruge

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    Sati, die Amtssprache der Boku, war ein seltsames Konstrukt. Ursprünglich nur als Sklavensprache bezeichnet und oft verboten, erwuchs die schriftlose Form im Zuge des Abwerfens der alten Obrigkeit. Erst in der Neuzeit entwickelte sich dazu eine Schriftsprache, vor allem auf Drängens des Oberherren, der eine zu enge Bindung ablehnte. Schließlich sollte Bokuruge nicht wirklich Teil der futunischen Zivilisation werden. Und diese Ansicht wurde dann auch dankbar und offen von den Boku übernommen.

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    Religiöse Toleranz war nach Ansicht vieler Boku ihre wichtigste Eigenschaft. Bokuruge war nicht nur Handelsplatz für alle möglichen Waren, sondern auch Treffpunkt aller großen Religionen, Splittergruppen und exotischer Sekten. Entsprechend hielt man es im Sinne der guten Nachbarschaft und des Handels für angebracht, Exzesse und Fanatismus zu vermeiden und sich auf die versöhnenderen Aspekte zu einen. Das führt dann nicht nur zu einem relativ gelassenen Handel, nein, auch die einzigarte Version religiös diverser Familien war keine Seltenheit im Land. Am Ende war allen gemein, in Frieden zu leben und ihren Glauben zu haben. Das verstand so gut wie kein Ausländer.

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    Die Boku waren so ziemlich das einzige Volk, das in der Hegemonie Khotso noch groß Beachtung schenkte. Aber da man sich da nicht wirklich einmischen konnte, schloss man lediglich die Grenze. Das merkte wahrscheinlich auch wieder keiner. Natürlich kam niemand auf die Idee, es irgendwelchen Futunen zu sagen. Nur weil man sich mit dem Teufel eingelassen hatte, musste man dem dann nicht noch Aufmerksamkeit abverlangen. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit wusste der sowieso davon. Aber musste dieses Chaos sein? Das wirkte dann nie wie Absicht, sondern fast schon inkompetent. Merkten die nicht, wie das bei anderen ankam?

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    Der Börsenhandel war das neueste Steckenpferd der Boku. Jedenfalls in der Schule, da die Freiwirtschaft mit solchen Finanztransaktionen nur beschränkt kompatibel war. Aber man suchte nun nach Wegen, diese scheinbar inkompatiblen Aspekte zu einen und ein Versuchsmodell auch jenseits des kleinen Bildungsweges zu starten, um die Handelsmanie in neue Höhen zu heben. Zumindest könnte man kleine Börsen zum Handel von Diensten und Dienstleistungen nutzen.

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    In der Landwirtschaft ergibt man sich mehr oder weniger der futunischen Variante des vertikalen Anbaus, um Flächen in den Städten zu gewinnen. Damit werden nicht nur die Häuser teilweise versorgt, sondern auch gekühlt und das normale Abwasser teilweise mitgereinigt. Allerdings sollte dann auch die Haushaltschemie auf den neuen umweltfreundlichen Standard angepasst sein und das ist ohne die Normenvorgabe aus dem Kernreich nicht immer der Fall. Entsprechend gibt es immer wieder so einige Pflanzen und auch Erde, die wegen chemikalischer Belastung ausgetauscht werden müssen. Aber der Siegeszug der Gärten ist deswegen immer noch nicht aufzuhalten.

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    Auf einer Handelsmesse in Bokuruge geht es weniger darum, Produkte zu präsentieren, als darum, neue Fachkräfte zu gewinnen und einen Blick auf die Konkurrenz zu werfen. Natürlich alles ohne bösartige Absichten, denn es gibt immer genug Markt für alle. Eigentlich fehlt es auch mehr an Nachwuchs und die richtigen Einstellungen für den modernen Handel. Viele sind in allen Denkmustern gefangen oder in Verhältnissen aufgewachsen, die so weit abseits von den Realitäten des überregionalen oder internationalen Handel lagen.

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    Ganz im Westen findet sich die alte Grenzfestung Uda-Wati - wobei sich das alt eher auf die Festung an sich bezieht. Grenze wurde Uda-Wati erst in Zeiten des Imperialismus, als Bokuruge hier Land verlor. Heute ist die Stadt unterhalb der Festung Umschlagplatz von Waren und Gefälligkeiten und das Geschäft am Wachsen. Doch Reichtum zieht auch Neider und Arme an und so wächst die illegale Einwohnerschaft von jenseits der Grenze beständig und schafft auch Probleme. Die Hegemonie will das Problem Bokuruge überlassen, da es an sich auch innere Angelegenheiten sind, aber gerade hier im Grenzbereich stößt man an Schranken, die nicht einfach zu überwinden sind. Und niemand will einen Zaun errichten - oder doch?

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    Die Hauptstadt der Boku war nachweislich ein Verbrechen moderner Infrastruktur, bei der die historische Altstadt von modernen Hochhäusern aus Stahl, Chrom und Glas eingekesselt wurde und damit eine hässliche Mischung aus Moderne und Historischen bot. Zwar war modernes Wohnen und Arbeiten so gegeben, aber auf der geschichtlichen und historischen Verwertungsschiene versagte die Republik deutlich. Vor allem da der historische Teil nach Wegzug von Bewohnern und Regierung als verlassenes Überbleibsel zurückblieb und nur Kostenpunkt wurde.

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    Die besondere Spezialität des Landes ist das Hirsebrot, bekannt für seinen hohen Eisenanteil und die scheinbar schier unendliche Variationszahl an Backmöglichkeiten. Vom schwarzgebrannten Brot des Nordens, über das in Wurzelasche gewälzte der Hauptstadt bis zum Brotfladen an den Rändern des Urwalds war der Phantasie kaum eine Grenze gesetzt. Die Boku lieben ihr Brot - der Übertreibung nach sogar mehr als die eigene Mutter. Dazu kamen die seltsamen Rezepte wie Brotsuppe mit Zucker und Yams, Brotstücke mit Nussmantel und Fladen mit Fliegenpaste. Das war kaum für jeden geeignet.

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    Im Dorf Hebambe beginnt das Fest der Schmetterlinge, weil diese in den nächsten Tagen zu Tausenden aus ihren Puppen hervorbrechen und über Dorf, Felder und Umgebung schwärmen. In diesen Wochen wird auch gerne geheiratet, wie es Hewe und Uda vorhaben, die bereits von ihren Eltern verlobt wurden. Solche arrangierten Ehen sind auf dem Land oft noch Gang und Gebe, auch wenn die futunische Obrigkeit dies ablehnt. Schließlich betrifft es nur die Bewohner von Bokuruge und solange es nicht die heilige Natur betrifft, redet man den Einheimischen nicht hinein.

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    Eine ungewöhnliche Kältewelle im Westen drückte dort die Temperaturen zeitweise unter 18°C. Einige Bewohner stellten gar die weitgehend unbenutzte Klimaanlage dank guter Isolierung auf Wärme ein. Löwen verließen einige Reviere und eine Hyena versuchte gar, in ein Haus in der Nacht einzudringen. Gleichzeitig fiel weitaus mehr Regen als üblich und die Flüße der Region entsprechend mehr Wasser. Ein paar Kinder konnten rechzeitig vor einer kleineren Flut gerettet werden. Nur ihre Schulmappen fielen tragischerweise den Fluten zum Ofer.

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    Der Elefant hatte ein langes Gedächtnis. Das war zu erwarten. Aber das er dies mit dem Jungen verknüpfen würde, der nun als Mann zurückkehrte, war nicht ganz so erwartbar. Irgendwie hatte der graue Riese ihn wiedererkannt und so war sein zweiter Ort nach dem Daheim der örtliche See und seine Kulisse das Lachen der Dorfkinder. Geistesgegenwärtig hatte er immerhin die wichtigen Papiere und Wertsachen an einen elefantensicheren Ort geworfen, wo seine Eltern sie hoffentlich bald entfernen konnten, bevor der zornige Riese sie zertrampelte, falls er sie damit erwischte. Dabei war das doch nur ein Lausbubenstreich gewesen. Doch Elefanten waren auch nachtragend. Und in gewisser Weise war es sicher gerecht, wenn auch nicht in dem Maße, dass der Mann es wirklich zugeben würde.

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    Die Industrialisierung schreitet voran, allerdings ist das ohne industrielle Basis ein eher bescheidenes Projekt. Aber wenn Bokuruge nicht den Weg des Scheiterns gehen will, so benötigt man neben dem aufstrebenden Dienstleistungssektor zumindest eine kleine industrielle Fertigung für die üblichen Verbrauchsprodukte, besonders bei Haushaltswaren und Kleidung. Das ist auch in der Hegemonie als vernünftig angenommen worden, allerdings ist damit ein kleiner Stellvertreterkrieg zwischen Bund des Einhorns und Stiftung Persuna entbrannt, weil letztere den Markt in Bokuruge durch eigene Subunternehmen kontrollieren will, während erster für einen lokalen Markt unter einheimischer Kontrolle zum Friedenserhalt wirbt. Dabei hält die Stitung jedoch fast alle Expertise und auch eben die Nahrungsversorgung in der Hand.

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    Erfolgreicher ist der Anbau von Maniok, Hirse und Mais für den Export nach Banaba. Oder halt den Binnenhandel in der Hegemonie. Besonders der weniger gut bedachte Süden der Steppenprovinz wird durch die nährstoffreichen Böden Bokuruges mitversorgt. Auch die Yamswurzel wird vielfach angebaut, ist in der Regel jedoch mehr nationaler Nahrungsspender und Grundlage des Großteils der einheimischen Gerichte. Yamswurzelbrei wird auch den seltenen Touristen vorgesetzt, die sich in das Binnenland verirren. Allerdings war dieser Werbeaktion dann doch nur mäßiger Erfolg beschieden.

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    Der Tabakanbau in Vede ist ein ökonomischer Reinfall. Zwar in an sich optimaler Lage musste dafür der örtliche Regenwald weichen und das versagte jeglichen Zuschuss von Fraktionen und Hegemonie und allein war die Anlage kaum zu stemmen. Da es nun auch niemand kaufen will oder nur zu Sonderkonditionen transportieren - also über Khotso und Sibal, die je für sich Forderungen stellten, welche das unrentabel machen - bleibt das Gebiet auf Tabak und zerstörtem Regenwald sitzen. Und ist nun allgemein eher negativ gegenüber jenen eingestellt, das es selbst verprellt hat.

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    An den Wasserfällen von Bokasse badeten die Kinder. Das unschuldige Spiel erforderte jedoch auch den aufmerksamen Blick zweier Erwachsener, denn man durfte die Wassermassen oder die ein oder andere nicht abgeschreckte Wasserschlange nicht unterschätzen. Zwar ware letztere nicht giftig, konnte jedoch agressiv zubeißen, wenn der Fluchtreflex ausblieb. Das konnte niemanden wirklich umbringen - außer sie biss in eine Ader - aber tat höllisch weh. In den meisten Fällen war die Chance jedoch weitaus niedriger als etwa vom Auto angefahren zu werden. Oder einen Elefanten in seinem Vorgarten zu finden, wie er das Obst fraß, wie es letzte Woche zum vierten Mal in diesem Jahr geschehen war. Wenn auch nicht im gleichen Vorgarten.

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    Udu sah den Eseln geduldig zu, wie sie mehr oder minder nutzlos auf dem Feld standen. Immerhin eigneten sie sich zur Bespaßung der Kinder. Hinter ihm wurde das Korn mit der neuen mechanischen und elektrisch angetriebenen Mühle gemahlen, schneller und kostengünstiger als zuvor. Das machte Esel und Menschen als Mühlkraftspender überflüssig. Und so hatte Udu Zeit, die Esel zu betrachten und nebenbei Lesen und Schreiben zu lernen. Alles in allem eine sehr angenehme Angelegenheit. Vor allem weil er dadurch endlich dazu kam, die Bücher seiner Großtante zu lesen, die er von ihr geerbt hatte. Einige der Geschichten, die er verstanden hatte, waren gar nicht so schlecht. In einer kamen sogar Esel vor, worüber er ziemlich lachen musste. Und dann trug er die Geschichte seiner Tochter vor.

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    Hanbal fluchte über die unnachgiebige Erde. Die ganze Woche bereits hatte er den steinigen Boden beackert, um das neue Feld vorzubereiten, Wurzeln und Fels entfernt. Dann einige Wassergräben angelegt und Dung ausgetragen, um die Fruchtbarkeit zu erhöhen. Doch das half nichts, wenn der Boden generell nur für karge Verhältnisse geeignet war. Aber es war das einzige Stück Land, das er haben konnte. Er musste damit leben. Also musste er etwas finden, dass es sich lohnte anzupflanzen. Er fluchte noch einmal, er würde wohl seinen Vater, den nichtsnutzigen Säufer, fragen müssen. Er stieß sich den Fuß an einem widerspenstigen Felsen und fluchte noch mehr.

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    In der Savanne lagerten die Löwen nach der erfolgreichen Jagd. Vor einigen Jahren hatte ein findiger Einheimischer versucht, eine Mischung aus Safari und Großwildjagd zu organisieren, auch unter Zuhilfenahme von Kontakten ins Ausland. In dem sonst so abgelegenen Gebiet wimmelte es dann kurzzeitig von windigen Geschäftsleuten, Jägern und Wunderheilsammlern mit Vorliebe für Nashörner und zerriebene Elefantenfüße. Dann erschienen drei freundliche futunische Frauen und eine Woche später entdeckte man die armseligen Überreste von Ideengeber und Interessenten natürlich unbedenklich entsorgt in einem kleinen Sumpf, die Kleidung und alles nicht biologisch abbaubare in Kisten in der Nähe verpackt. Dann führten die drei Frauen ein paar Gespräche mit den Ältesten und kurze Zeit später bekamen alle Haushalte modernes Internet, fließend Wasser und moderne Dächer und Fassaden. Seitdem redete niemand mehr von irgendwelchen Safaris.

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    Sadu hätte sich den Luxus eines Nachnamens leisten können. Sein Ansehen war hoch genug, nachdem er zwanzig Jahre als Verwaltungsbeamter die Modernisierung und den Ausbau der Bahnverbindungen im Süden angeleitet und mitgestaltet hatte. Aber ihm kam diese Methode anmaßend und unbescheiden vor, vor allem weil dann am besten alle Nachnamen erhalten sollten. Und er war auch kein Städter, auch wenn er in einer Stadt - Harime - arbeitete. Die Unbeschwertheit des Landes und der Dörfer, so seltsam oft abgekoppelt von der Hektik zweifelhafter Moderne, war sein innerer Ruhepol und Halt, ohne den er, so jedenfalls sein Gedankengang, seine Aufgaben niemals so hätte versehen können, dass sie zu einem vorzeigbaren Ergebnis geführt hätten. Der Personenverkehr auf den drei ihm anvertrauten Linien jedenfalls hatte nur maximal drei Minuten Verspätung und das bei einem Land, wo Gnuherden und Elefanten die Strecke blockieren konnte, war eine ansehnliche Leistung. Und sie brachten die Menschen schneller und zuverlässiger zusammen. Und das war das Ergebnis Tausender Stunden sorgfältiger Planung in kleinen Büros mit oftmals eng beschriebenen Seiten Papiers.