Beiträge von Lehim

Außer elektronischer Musik, Harfenklängen und einem Orchester kann er damit nichts empfangen. Dies scheinen auch einprogrammierte Stücke zu sein. Für den Empfang ist das Gerät dann scheinbar doch nicht geeignet. Nach einer Weile kommen sowohl die Sekretäre als auch die Zwillinge ins Archiv. Von einem kurzen Handzeichen zur Begrüßung abgesehen, ignorieren sie ihn jedoch. Die Atlanten, Karten und Nachschlagewerke scheinen für beide Gruppen weit interessanter als Danyals Experimente mit dem Musikapparat zu sein.

So kann er die Zwillinge von weitem unbemerkt beobachten, wie sie in leichten Trainingsklamotten durch den Parkour springen, klettern und kriechen. Im Schatten steht ein aufgeklappter Touchscreen, welcher unermüdlich Codereihen abbildet. Auf einem anderen Bildschirm werden Zeitungsartikel offenbar nach Schlüsselwörtern durchsucht und in verschiedene Datenhaufen geordnet. Daneben läuft ein automatischer Anruf auf einem Datenpad, der irgendwie immer weiter an weitere Nummern durchgestellt wird.

Er ist zwar beim Buffet allein, aber den Parkour benutzt offensichtlich jemand gerade, durch die Büsche, Sträucher und Planen werden die Geräusche jedoch bis aufs Äußerste gedämpft. Und irgend jemand hat bis auf eine halbe Kanne fast den gesamten guten Kaffee eingeatment. Auch die Milch- und Saftvorräte sind arg geplündert worden. Ansonsten ist wohl ein Ei-Tag, jedenfalls gibt es fast jeglich erdenkliche Gericht mit verschiedenen Eiern, auch Kaviar ist dabei. Unter dem Insektenschirm erhitzt sich alles jedoch schnell, in der Sonne ist es heute direkt nur schwer erträglich.

Als er am nächsten Morgen erwacht, sind die Plätz links und rechts bereits leer. Die Sonne scheint in das Zimmer hinein und lässt einige Fische an den Wänden leuchten. Geträumt hat Danyal diesmal gar nicht, allerdings fühlt er sich auch wesentlich lebendiger als am Tag zuvor.

Meint die Gärtnerin mit rauer Kratzstimme. Entweder vom Alter oder vom Rauchen. Ihr Mann sieht Danyal entschuldigend an und fügt hinzu:

Also eigentlich schien alles zu passen, Zeit, die seltsamen Erzählungen, das Aufsehen. Aber weit und breit keine Zwillinge oder etwas, das nach ihnen aussieht. Man könnte ja glatt wieder Angstvorstellungen bekommen.

Da geht er also hinunter, wo sich mittlerweile kopfschütteln und Augen rollend die Belegschaft zusammengefunden hat und sehen dann zusammen mit Danyal zu, wie eine noch fast bartlose und blutjunge Hochzeitsgesellschaft am Anwesen vorbeirauscht, allesamt auf Motorrädern mit wummernden Bass als Untermalung. Sie winken fröhlich, aber keiner macht Anstalten, direkt in das Anwesen hineinzufahren. Soviel Anstand scheint vorhanden zu sein.

Er wird durch das Aufheulen irgendwelcher Sportmotorräder, die scheinbar darauf getunt wurden, und laue Discomusik geweckt. Irgendwer versucht Aufmerksamkeit zu erregen und hält auf das Anwesen zu. Zeitlich würde es sogar passen.

Sie ziehen von dannen, schauen nochmal zurück und reden dann gedämpft miteinander. Dann zuckt der Schmächtige mit den Schultern und sie gehen Richtung Treppe davon. Danyal hat wohl noch fast sechs Stunden, bevor die Zwilling eintreffen. Über die er ebenso wenig recherchiert hat wie über die Medien.

Hat Danyal überhaupt einmal die Nachrichten hier gesehen oder inspiziert?

Sein Kollege schüttelt auch den Kopf.

Er zwinkert fröhlich.

Die beiden Sekretäre gesellen sich zu ihm, warten kurz, aber dann mit der Buchbinder vorsichtig mit klarer tiefer Stimme.

Zedan Isbanyaa kennt er ja schon, also stellt er alle vor. Zuerst die Gärtnerin, dann die Haushälterin, dann die Sekretäre, erst den schmächtigen, dann den kräftigen. Mittendrin kommt auch Zaina hinzu, nimmt sich nur etwas Joghurt mit Früchten und bleibt im Hintergrund.

Die versprochenen Angestellten - neben dem ihm schon bekannten Koch und der Gärtnerin - sind tatsächlich um den Tisch versammelt und beim Beladen ihrer Teller. Die beiden Sekretäre sind schon im fortgeschrittenen Alter, einer eher schmächtig und dahingewelkt mit angegrauten Haar und schwammigen Augen von einem wässrigen Blau, einer noch von kräftiger Statur im Jogginganzug mit gestutzten schwarzen Haar und ausdrucksvollen grünen Augen. Die Haushälterin ist eine resolute Tarawari, die wirkt als könnte sie zwei Schweine und Danyal unter den Armen wegtragen ohne zu schnaufen. Ihr krauses braunes Haar ist zu einer Art Turm hochgesteckt und sie mustert Danyal unverhohlen. Dann jedoch lächeln sie alle.

Das dampfene Buffet ist mit Fisch, Fleisch, Eiern, Wurzeln, Obst, Gemüse, Brot und Suppen überladen.

Schatten 4, Wasser 1, Licht 1: Gesprochen hat nur der Koch, aber sie wirken alle ehrlich freundlich und wohl großteils neugierig ihm gegenüber.

Nach einer ruhigen Nacht, in der Danyal ausgiebig von Fischen träumte, welche einem muschelblasenden Tintenfisch durch das Sternenmeer folgten, wird er nun endlich mal zur üblichen Zeit wach. An sich sollten die anderen Bewohner des Hauses nun auch bald zum Frühstück kommen, so dass er diese auf dem Dach kennen lernen könnte, wenn er es wollte. Auf seinem Datenpad steht lediglich eine Zeit als Termin: 13.15

In Ashar findet das Treffen der Tourismushauptbranche statt. Nach außen hin ein Fest zu Ehren von Simul, Göttin der Gastfreundschaft und kleinen Getränke, die man nachmittags vor dem Regen einnimt, ist es vor allem vom höflichen Streit um die touristische Erschließung der Inseln im Süden geprägt, bei der zahlreiche Veranstalter und Unternehmer auf die infrastrukturelle und wirtschaftliche Erschließung drängen. Vor allem soll dem Willen des Kernreichs nach einer Marinebasis entgegen gewirkt werden und die unbesiedelte Insel ein riesiger Safaripark werden, wo man dann Abenteuerurlaube und Erlebnisshows veranstalten können sollte.