Beiträge von Danyal Khaje

    Dann steckst du also doch hinter dem Verrücktspielen der Technik hier im Gebäude? Es wird ja wohl kein Zufall sein, wenn das alles zeitlich so gut passt?

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    Danyals Fragen klingen viel zu freundlich, weil die bezaubernde Zaina Bel-Hak ihn um ihren Finger wickelt wie einen dünnen Bindfaden. Ungefähr so fühlt er sich auch. Mit Begierde hat das bei ihm nichts zu tun, eher mit dem tiefen Wunsch nach emotionaler Verbundenheit. Sie wirkt auf ihn wie eine zärtliche große Schwester, und er versinkt im warmen Blick ihrer braunen Augen. Warum kann Thar nicht ... nein. Es ist Danyal, der in dieser Situation wieder Ordnung schaffen muss.

    Ishri, bitte höre auf auf, die Pistole auf die unbewaffnete Frau zu richten. Wir können uns beim Reden um sie herum verteilen, dann müssen wir keine Flucht fürchten, und es ist alles gut.

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    Umständlicher als sonst steckt er das Datenpad in seine Hosentasche.

    Ja, aber ... muss man sie deswegen drohen zu erschießen?

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    Seine Pupillen wandern rasch von rechts nach links und wieder zurück, dann hilflos in Richtung Thar, als ob der eine sinnvolle Vorgehensweise wissen müsste, weil er schließlich Firouz ist. Danyals irritierter Blick spricht Bände, auch wenn er ansonsten keine Mimik zeigt. Die Hierarchie steht völlig auf dem Kopf, weil ausgerechnet er, der die niedrigste Qualifikation hat, den Ton gegenüber einem Offizier in mordlüsterner Stimmung und einem Unteroffizier angeben soll. Entsprechend überfordert ist er.

    Ich rufe jetzt den Großwesir an,

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    verkündet er, und meint damit natürlich Xaxai Anwar. Schon hat er das Datenpad in seiner Hand und wählt den Kontakt. In quälender Langsamkeit wischt er sich durch die Menüpunkte. Dauerhaften Funkkontakt bräuchte man, so ein gelbes Funkgerät, das die Einsatzleiter nutzen, mit dem man unproblematisch bis zur Leitstelle und sogar zur Regierung durchkommt, wenn der Braten am Dampfen ist. Jetzt aber ist er nervös und muss erst ewig im Menü rumfummeln. Er wird das mit dem Funkgerät ansprechen.

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    Da Thar noch grunzen und protestieren kann, geht es ihm wohl gut, so dass Danyal sich weiter den Frauen widmet, von denen eine all seine Beschützerinstinkte weckt. Er weiß, dass das täuschen kann, aber er sieht hier nun wirklich keinen Anlass für Ishris brachiales Vorgehen. Was für eine beschissene Situation!

    Gibt es denn einen Haftbefehl? Normalerweise müsste das Auftauchen einer lange vermissten Person doch Anlass zur Freude bieten.

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    Eine Region in Danyals Gehirn, welche jahrtausendealte Urinstinkte verwaltet, findet in dieser Situation noch die Zeit, sich über die Verknotung mit Thar zu freuen. Vielleicht wären Danyals Gedanken fokussierter, würde er die Dienste des Tempelkults in Anspruch nehmen, doch ihm fehlt der Vergleich und so wird es nie erfahren.

    Vier Meter Abstand sind die Faustregel. Als Danyal auf Abstand geht, um ihnen beiden Bewegungsfreiheit zu schaffen, fühlen sich die Stellen, wo er Thar berührte, noch unnatürlich warm an. Von der Sache her ist das Sofa eine unsinnige Deckung, stellt er fest, eine Kugel geht ungebremst durch. Aber er sieht ohnehin keine Schusswaffe bei der fremden Frau. Und er fragt sich, warum Ishri die Wegbereiterin der Digitalisierung mit einer letalen Waffe bedroht.

    Überfordert stellt er sich an die Stelle, die ihm aus taktischer Sicht am sinnvollsten erscheint: Rücken in Richtung Wand, beide Frauen im Blick, ebenso die Tür. Zu allen Personen hat er Abstand. Ein kurzer Kontrollblick in Richtung Thar schätzt dessen Verhalten ab und prüft, ob er sich beim Sturz verletzt hat. Dann starrt er wieder auf die Frauen.

    Ishri?! Warum die Pistole?

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    Mit ihrem Schmetterlingskleidchen und dem freundlichen Gesicht wirkt Zaina Bel-Hak vollkommen harmlos, ja, liebenswert.

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    Durch das Stillsitzen und Schweigen ist Danyal trotz des Kaffees vorerst noch müder geworden, als er vorher war. Ehe das Koffein seine Wirkung entfalten kann, werden wohl noch ein paar Minuten ins Land ziehen. Ein Blick auf die Uhr aus Yanth bestätigt Ishris Einschätzung. Träge erhebt er sich, die leere Tasse in der Hand, streckt Beine und Rücken.

    Ja, gehen wir.

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    Danyal zuckt mit den Schultern. Die Ablehnung des Gesprächsangebots hat zur Folge, dass auch er seinerseits Ishri keinerlei Informationen zukommen lassen wird, nicht mal unwichtige. Das wird wohl eine zähe und öde Zusammenarbeit werden, bei der man sich gegenseitig die meite Zeit über vollschweigt, ausdruckslos vor sich hinstarrt und nicht mal über eigenwillige Uhren aus Yanth oder das Mittagessen spricht.

    Er schenkt allen dreien Kaffee nach, so weit da Platz in den Tassen ist, und nimmt selbst auch noch einen großen Schluck, um sich zu trösten.

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    So lange man jung ist und Freunde besucht, die in ihrem Zimmer nur über ein Bett verfügen und über sonst keine Sitzgelegenheiten, weil sie noch bei den Eltern wohnen, werden Betten und Sofas meist als Synonyme betrachtet. Man kann auf beidem weich sitzen und weich schlafen. Danyal ist daher noch in einem Alter, in dem er keine Hemmungen hat, sich auf fremden Betten niederzulassen. Ohne viel darüber nachzudenken, macht er es sich mit seinem Hintern auf dem Bett bequem, wobei er genügend Platz für Ishri lässt, und wartet schmachtend auf den duftenden Kaffee.

    So? Was hast du denn mit dem Kerl alles zu tun gehabt, Ishri? Sollten wir noch irgendetwas über ihn wissen?

    Dann bitte ich dich, bei Gelegenheit ihre tatsächliche Herkunft - oder vielleicht ihre tatsächliche Identität - in Erfahrung zu bringen.

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    Danyal unterbricht seine Suche nach einem Raum, der Thar genehm sein könnte, und zieht sein Datenpad hervor. Für einige Sekunden tippt er darauf herum.

    Saeed Habib, ehemaliger Wesir für Wirtschaft, Sprecher des Bundes des Einhorns. Mehr ist auf normalem Weg nicht in Erfahrung zu bringen. Du kennst ihn?

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    Danyal schiebt das Pad wieder in die Hosentasche, nimmt seine Suche wieder auf und öffnet auf gut Glück eine vielversprechend aussehende Tür.

    Suchen wir uns hier im Erdgeschoss eine ruhige Ecke.

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    Thar hatte deutlich gemacht, dass ihm der Frühstücksraum aufgrund seiner gewaltigen Dimensionen Unbehagen beschert, da würde Danyal ihn nicht quälen, und wenn die bunten Kissenberge noch so locken. In einem Tempo umhergehend, dass dem laufenden Gespräch Rechnung trägt, sucht er nach einem Ort, der Thars Vorstellung von Behaglichkeit entgegenkommt. Vermutlich gibt es keinen anderen Agenten, welcher dermaßen besorgt ob der Befindlichkeit seiner Mitarbeiter ist. Wenn ihr Dienstverhältnis eines Tages endet, wird Thar wahrscheinlich fett, faul, verzogen und verwöhnt seinen neuen Vorgesetzten mit lauter Ansprüchen quälen, weil er es mit Danyal machen konnte.

    Was diese komische Frau betrifft, kannst du nicht deine Kontakte nutzen, um ihre tatsächliche Herkunft in Erfahrung zu bringen?

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    Eine Menschenrechtsaktivistin? Danyal stellt sich die grauenvollste nur denkbare Variante vor: eine Person, die andauernd klagt, mit kindischen Protestaktionen die Falschen in ihrem Alltag stört, aber nicht auf die Idee kommt, einfach mal anzupacken. Als Pragmatiker ist die Mentalität solcher Leute für Danyal ein Graus. Aber wer weiß - vielleicht wurde ihnen ja eine vorbildliche Ausnahme an die Seite gestellt? Es würde sich zeigen. Danyal gibt jedem seine Chance, sogar Menschenrechtsaktivistinnen. Und eine Wahl hat er sowieso nicht.

    Na ja, vielleicht ist sie ja in irgendeiner Form unterhaltsam.

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    Oder stört sie wenigstens nicht bei ihrer Arbeit.

    Danyal schaut schmachtend auf die bunten Kissenberge. So ohne Koffein im Blut üben sie eine unwiderstehliche Anziehungskraft aus. Er schaut, ob Thar darauf wartet, dass sie ihm folgen, oder ob der Hüter noch einmal sein Glück dabei versuchen will, ihnen die Kanne zu bringen, damit sie diese woanders in aller Ruhe leeren können.

    Ähem. Man hat uns einen Wachhund aufs Auge gedrückt? Weißt du schon, um wen es sich handelt?

    R O L L E N S P I E L:

    Das verspricht, eine interessante Konstellation zu werden. Er macht eine einladende Geste mit dem Kopf.

    Dann den Kaffee. Gern wieder den gleichen, der hat gut gerochen. Du musst den Weg vorgeben, ich habe bisher nicht herausgefunden, woher du den Kaffee hast.

    Du meinst, wir taugen nichts, und müssen deswegen allein Kaffee trinken?

    R O L L E N S P I E L:

    Eine Braue schiebt sich skeptisch empor. Anders kann er die Aussage mangels Kontext nicht deuten, aber vielleicht war sie auch anders gemeint. Er ist nicht unbedingt ein Frauenversteher.

    Ich habe keine Ahnung, was die Technik gestern hatte, Ishri. Vielleicht habe ich irgendwie mein Pad komisch bedient, einen Fehler gemacht?! Ich bin nicht eben fit in dem Bereich. Du kennst dich doch mit solchen Dingen aus. Vielleicht kannst du nachvollziehen, wo der Fehler lag, oder hast ein paar Ideen, wie man diesen, ähm, Fluch auf sich gezogen haben könnte?

    R O L L E N S P I E L:

    Natürlich muss Thar nun sofort deutlich machen, dass ihn das alles in Wahrheit nicht kratzt. Muss das unmissverständlich klarstellen und gockeln. Danyal verkneift sich ein Schmunzeln, das wohl allzu viel von seiner Zuneigung für den eigensinnigen Hüter offenbart hätte, und hakt nicht weiter nach. Als Ishri so plötzlich hinter Thar auftaucht, wieder vollständig herausgeputzt, hebt Danyal die Brauen.

    Ah, Ishri. Guten Morgen. Wir wollten uns gerade einen Kaffee holen, bevor es zur Besprechung geht.

    R O L L E N S P I E L:

    Unheimlich findet er Ishri im Gegensatz zu Thar nicht mehr, seit die Maske gefallen ist. Seine innerliche Abwehr gegen ihr künstliches Erscheinungsbild ist gesundem Respekt gewichen.

    Da kannst du mal sehen, wie mich das mitgenommen hat.

    R O L L E N S P I E L:

    Eine Änderung der Mimik zeigt den Scherz, der auf Danyals eigene Kosten geht. Es ist ja auch irgendwo lächerlich.

    Mir hätte mehr Geduld auch besser zu Gesicht gestanden. Vergessen wir die Sache und gönnen uns einen guten Kaffee in gemütlicher Umgebung, bevor es zur Besprechung geht. Wir haben noch ein paar Minuten Luft. Was die Arbeitsatmosphäre betrifft, sind wir einer Meinung. Darum war es mir wichtig, abzuklären, ob du mit Ishri zusammenarbeiten kannst. Es nützt nichts, das aus Pflichtbewusstsein schönzureden, wenn es in der Praxis nicht funktioniert.

    R O L L E N S P I E L:

    Er fragt sich, ob Thar womöglich um seinen Platz in der Mission fürchtet, falls er Danyal die Wahrheit offenbaren würde: dass ihn Ishris Gegenwart so belastet, dass er sie nicht ertragen kann. Dass ihn der Stress vielleicht sogar krank machen wird. Kämpft Thar gegen sich selbst, um nicht von dem Agenten wegrationalisiert zu werden, weil Ishri besser qualifiziert ist?

    R O L L E N S P I E L:

    Zeitgleich war Danyal reflexartig zur anderen Seite ausgewichen. Mit bemerkenswerter Uneleganz sind sie völlig berührungslos aneinander vorbeigeglitten. Als Futunen sind sie darin ja geübt. Die Sittsamkeit ist gerettet, der Kaffee nicht. Aus dem braunen Fleck steigt ein betörender Duft. Betreten schaut Danyal auf das Unheil, dann in Thars Gesicht.

    Dir auch einen guten Morgen. Mein Schlaf war durchsetzt von Albträumen. Du hast vom Einschlafen bis zum Weckerklingeln mit mir über Dienstvorschriften gestritten. Ich hatte gerade festgestellt, dass ich einen Kaffee nach dieser Nacht gut gebrauchen könnte. Ein Jammer. Und selbst? Ich hoffe, dein Schlaf war erholsamer als meiner.

    R O L L E N S P I E L:

    Ob der Geste, dass Thar ihnen beiden einen besonders aromatisch duftenden Edelkaffee bringen wollte, ist Danyal gerührt und schmunzelt ihm verschlafen entgegen. Mal sehen, wie lange Thars gute Laune diesmal anhält, ehe ihn die nächste Stimmungsschwankung packt.

    R O L L E N S P I E L:

    Der Kuschelpfau steckt immer noch unter seinem Nacken, ist nun aber deutlich platter als am Abend zuvor. Danyals Hand tastet nach dem dudelnden Datenpad, um den Wecker auszuschalten. Bei der Gelegenheit prüft er jeden Morgen auch seine Nachrichten. So hat er einen Grund, die Augen nicht wieder zu schließen und wird beim Lesen rasch munter.

    Nachdem er die dienstlichen Anweisungen gecheckt hat, fragt er sich, warum die Nervensäge Tiam immer noch nicht geschrieben hat und hakt nun seinerseits nach, was der so treibt und wie es ihm geht. Irgendwas sorgt dafür, das ihn das Schweigen ärgert und er sich vernachlässigt fühlt. Danyal fällt unter der Dusche ein, dass ihn die ganze Nacht Albträume quälten, die ihm noch nachträglich eine mürrische Laune bescheren. Inhalt war nicht etwa die angebliche Hexe Xaxai Anwar oder eine sich häutende Ishri, auch nicht die drohende Ankündigung des sich verselbstständigenden Monitors, sondern ein besserwisserischer Thar, mit dem Danyal sich den ganzen Traum über streiten musste. Vor kurzem hatte er noch ganz andere Träume von ihm gehabt. Wie sich das doch wegen einem einzigen Wortgefecht ändern konnte. Scheinbar misst Danyals Unterbewusstsein dem eine dramatischere Bedeutung bei, als all den anderen Eindrücken zusammen.

    Da er heute noch ziemlich müde ist, verschiebt er das Frühstück auf später. Aber ausfallen lassen wird er die Mahlzeit nicht. Rasiert, mit geputzten Zähnen, angezogen und mit wasserfest gegeltem Haar - das soll schließlich in Form bleiben - macht er sich auf den Weg in den Gang. Um neun wollte Ishri ihn und Thar abholen. Nun merkt er, dass ihm auch noch der Kaffee fehlt.

    Mit verquollenen Augen sucht er den Gang nach den beiden ab.