R O L L E N S P I E L:
Damit ist ausgerechnet die Person nicht mehr erreichbar, die Danyal sonst mit ihrem Rat aus jeder Klemme half. Danyal überkommt eine tiefe Angst um Thar, die ihm die Kehle zusammenschnürt und seine Augen heiß werden lässt. Nicht heulen, ermahnt er sich, nachdenken und kämpfen.
Er lässt das Datenpad sinken. Warum könnte jemand Thar so etwas antun? Er glaubt nicht, dass hier etwas mit rechten Dingen zugeht, denn in einem normalen Krankenhaus kennt nicht jede dahergelaufene Schwester die Personen, denen sie zu jedem der etlichen Patienten Auskunft geben darf, auswendig. Zudem ist es merkwürdig, dass sie nur zu zweit auf dieser Station sind. Abgesehen davon würde keine normale Schwester einem besorgten Kollegen oder Freund des Patienten derart brüsk pauschal jede Information verweigern, auch wenn sie das rein rechtlich müsste. Es gibt immer einen Graubereich der Menschlichkeit. Nein, hier stimmt etwas nicht.
Er denkt weiter nach. Zaina hat Danyal gefragt, was er gegen seine unnützen Gefühle tun würde. Sie weiß, wie er für Thar fühlt. Ihre Rache, um Danyal seine Sturheit heimzuzahlen? Der arme Thar als Sündenbock? Das erscheint Danyal für so eine brachiale Maßnahme zu kleinlich, ausgeschlossen ist es aber nicht.
Oder will Saredash unauffällig beenden, was begonnen wurde? Auch eine Möglichkeit, dann hätte Saredash das Lazarett infiltriert.
Die verdammte Krankenpflegerin wusste, dass ein al-banabi über Thars Gesundheit informiert werden darf. Also weiß sie auch, wer Thar ist. Ist das hier vielleicht eine Familenfehde der al-banabis, die Rache für die schwere Verletzung von Vanesh al-banabi, weil dessen ungeliebter Verwandter seine Einheit übernehmen wollte?
Danyal wischt sich unwirsch mit dem Handrücken über die Augen und hasst sich dafür. Ihm geht das sehr nahe, viel mehr als die vorherigen Aufgaben. Doch er zwingt sich, weiter nachzudenken.
Er wollte Ishri und Zaina nicht im Team haben. Aber beide wollten oder sollten unbedingt mitwirken. Das wollte Danyal nicht, er wollte nur Thar. Nun hat man den ausgeschaltet. Wollen die Akademie oder der Bund des Einhorns Danyal vielleicht auf diese Weise zwingen, auf eine der vermaledeiten sogenannten Hexen zurückzugreifen?
Er hat das Gefühl, er sei auf einer brauchbaren Spur. Doch was soll er damit nur anfangen? Er ist völlig allein. Hilflos schaut er auf sein Datenpad. Sein Blick fällt auf eine Nummer, die er vor längerer Zeit gespeichert hatte. Er versucht nun, Tari Aswan anzurufen, die kleinwüchsige Atash der Assassinen, die er auf Hatha kennenlernte.