Die Stimme des Feuers hat es besonders schwer. Er ist duldsam, gewiss, repräsentiert Gehorsam und Gerechtigkeit. Doch die Gespräche mit Geologen sind eine Herausforderung und heute ist so ein Tag. Er starrt die zierliche Geologin nieder, die versucht, ihren Standpunkt darzulegen, ohne ihm allzu sehr auf die Füße zu treten. Genau so gut könnte sie mit einer Basaltsäule sprechen.
Seine Antipathie liegt weniger an ihrer Person, sondern primär an ihrem Fachgebiet. Der Geologie misslingt es gründlich, die Stimme des Feuers zu begeistern. Diese sogenannte Wissenschaft trachtet der Innenwelt, Arymara, ihre Existenz abzusprechen, indem ihre Vertreter – wie diese unsympathische Frau – behaupten, dass sich unter der Oberfläche kein feuriges Reich des Galash befände, sondern nur geschmolzenes Gestein.
Diese Behauptung sorgt regelmäßig für hohe Blutdruck-Amplituden bei Faycal. Seit Verkündung dieser Hypothese, die zwar nicht neu ist, es aber auf Khadesh sehr schwer hat, sich durchzusetzen, gibt es zwei Lager: Ein Teil der Khadeshi beharrt darauf, dass es sehr wohl ein Feuerreich des Galash gäbe, mit dem Herzen genau unter Khadesh, und die Wahrheit vertuscht werden solle, weil Galash als gefallener Wächter gilt. Fälschung wäre ja nichts Neues in der Hegemonie. Der andere Teil argumentiert, dass das Prinzip der Innenwelt Arymara eher symbolisch zu verstehen sei, und es keinen Widerspruch zwischen dem Kult und der modernen Wissenschaft gäbe.
Faycal, die Stimme des Feuers, gehört selbstverständlich dem ersten Lager an. Wann immer er hört, dass man im Kernreich unkritisch in der Schule unterrichtet, die Welt sei bis zum Rand mit Lava befüllt, stürzt seine Laune ins Bodenlose. Er hält Geologen für ausgemachte Lügner, die von der Hegemonie an alle wichtigen Positionen geschleust wurden, um den Glauben der Khadeshi an den gefallenen Wächter zu untergraben. Offensichtlich trachtet die Hegemonie danach, Platz für den schändlichen Tempelkult freizuräumen oder gar Atheismus. Die Priesterschaft des Sonnenkults soll lächerlich gemacht und geschwächt werden und Khadesh zu einem weiteren Marionettenstaat der Hegemonie degradiert. Dessen ist Faycal sicher.
Und so arbeitet er mit seinem Stab schon länger an einer Modernisierung der Vulkanologie, dem für die Khadeshi wichtigsten Teilgebiet der Geologie. Ziel ist es einerseits, den Vulkanismus von Khadesh effektiv im Auge zu behalten, um die Bevölkerung zu schützen, und andererseits diesen wissenschaftlich fundierten Kern in ein Gewand zu kleiden, das den hohen religiösen Ansprüchen der Sonnenpriester gerecht wird. Dieser Balanceakt treibt selbst den khadesischen Wissenschaftlern den Schweiß auf die Stirn.
Nein, Faycal hat es wahrlich nicht leicht. Die Geologin allerdings auch nicht. Als sie offen die Korrektheit der khadesischen Messdaten anzweifelt, welche beweisen, dass der Planet eine zellenartige Struktur mit zahllosen Hohlräumen aufweist, einem Schwamm nicht unähnlich, lässt er sie kurzerhand rausschmeißen.