Beiträge von Tiam Torabi

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    Natürlich dürfen auch keine Aufnahmen von der Konferenz zum Schutz der Meere fehlen, die in der Halle der Weinenden Quellen stattfindet. Tiam gelingt es wie durch ein Wunder, in der gesamten Zeit höfliche Zurückhaltung walten zu lassen und die Teilnehmer nicht zu stören. Zufrieden mit sich, seinem Werk und der gesamten Welt lächelt er hinter seiner Kamera vor sich hin.

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    Auch in der Halle der Futunischen See geht Tiam leise in seinem todschicken Schuhwerk herum, um ein paar Aufnahmen von der Konferenz und ihren Teilnehmern zu machen. Hier fällt das leichter als im Garten des ausklingenden Schweigens mit seinen grotesken Kunstwerken, die jedes noch so liebevoll gewählte Motiv in eine Parodie verwandeln, sobald eine der Statuen im Hintergrund zu sehen ist.

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    Tiam ist von seiner Reise aus dem Lodenreich heimgekehrt. Reich ist er dadurch nicht geworden, doch die geschmackvollen Krokodillederstiefel sitzen wieder.


    Auf weichen Sohlen schleicht er im Hintergrund der Konferenz herum, den Kopf zumeist hinter einer Spiegelreflexkamera verborgen. Während er einige Aufnahmen für seinen geplanten Artikel macht, versucht er nicht zu stören.

    Ah! Bei den Göttern! Warum hast du mir nicht gleich gesagt, was das für ein geniales Essen ist! Ich hätte mir den ganzen Stress gestern Nacht sparen können. Ein Löffel und huiii! Ich brauche dringend das Rezept.


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    Seine Augen glänzen vor Begeisterung und seine Wangen glühen. Noch etwas benommen, aber für seine Verhältnisse angenehm entspannt, rappelt Tiam sich auf. In seinem Schritt kitzeln sanft die Nachwirkungen des Rausches. Aus dem Lautsprecher tönt bereits die Durchsage. Auf den ersten Blick sieht er allerdings sein Gepäck nicht.


    Wo ist mein Pass! Ich hab einen, ich weiß das, weil er frisch gefertigt wurde, nur wo ist er?!

    Du missverstehst mich. Es geht nicht um die Einführung von Vermögen, sondern um das Anhäufen außerhalb der Grenzen, um sich dann dort etwas zu gönnen, wie zum Beispiel meine geliebten Krokodillederstiefel. Das wandert dann an meinen Füßen oder in Souvenierform über die Grenze. Theoretisch könnte ich das regelmäßig tun und diese Stiefel dann verticken oder auf ähnliche Weise für Freunde Stiefel über die Grenze bringen. Keine Sorge, ich besitze nur dieses eine Paar. Das ist nur ein Beispiel, wie es funktionieren könnte. Insbesondere in Khadesh mit seinen ganzen fremdländischen Parshans, die theoretisch lauter Zeug aus ihrer alten Heimat mit auf die Insel bringen könnten.


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    Damit nascht er einen großen Mund voll des interessanten Gerichts.

    Und gilt solch eine Beschränkung auch im Ausland? Niemand verbietet einem die Arbeit während des Urlaubs und ganz sicher sind Souveniere nicht verboten. Oder Andenken für die Lieben daheim mitzubringen. Bei den Khadeshi gibt es zum Beispiel eine nicht geringe Zahl von Fremdländern, die in der Flotte dienen, und immer mal Heimaturlaub machen. Du verstehst?


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    Tiam wackelt anzüglich mit den Brauen.


    Das sind natürlich alles nur Beispiele. Darf ich mal kosten? Ich hab mein Besteck noch nicht angesabbert.

    Vielleicht haben ja verschiedene Bekannte und ich zusammengelegt, um diese Stiefel zu kaufen? Und davor war jemand anderes an der Reihe, sich was Außergewöhnliches zu gönnen? Oder vielleicht wurden die Stiefel auch gegen Wertgegenstände statt gegen Geld eingetauscht? Oder gegen Edelmetalle oder Gefälligkeiten? Man braucht nur ein bisschen Fantasie. Aber dein Essen sieht interessant aus. Wenn das eine Fischsuppe ist, wie groß ist der Fisch dazu? Sieht aus wie Gedärm.

    Ich habe nie behauptet, mich erwachsen benehmen zu wollen. Mache ich eben wem anderes einen Antrag. Und ich mag meine Krokodillederstiefel. Auch Schuhe aus Rindsleder können teuer sein oder welche aus synthetischem Material. Es ist der Schnitt und die Verarbeitung, was den Preis rechtfertigt.


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    Dass der Bahnhof nicht sonderlich interessant zu beobachten ist, hat er auch schon festgestellt. So zückt er ebenfalls sein Datenpad und stöpselt sich schmollend Kopfhörer ein, um die zu erwartenden zehn Minuten Langeweile bis zum Essen zu überbrücken.

    Hoffentlich sind sie nicht verschollen oder allzu weit weg! Die waren nicht nur teuer, sondern gefallen mir und sind super bequem. Du solltest solche auch mal testen, die sind zeitlos. Es gibt sie auch in höher, falls die Schäfte dir zu kurz sind, oder mit Klapperabsätzen.


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    Tiam fragt sich, weshalb der Alte sich nicht von ihm genervt fühlt. Sonst erträgt sein Gerede kaum jemand, der nüchtern ist. Dahinter scheint ein tiefes Verstehen zu sitzen, das ihm unheimlich und peinlich ist. Er will nicht von einem gruseligen Fremden verstanden werden.


    Ich nehme den Kartoffelkuchen.


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    Er guckt die beiden Masseure an, die ihm noch keine Abfuhr erteilt haben. Für weitere zwei Sekunden gelingt es ihm, Seriosität zu verströmen, weil der Großwesir ihm das auftrug. Dann rappelt es ihn wieder und er gurrt verzückt:


    Und was wünscht ihr zwei Hübschen?

    Klar, vielleicht ändert sich das mit den Jahren. Wer weiß! Es wäre großartig, würde ich mich irren! Wer wünscht sich nicht insgeheim eine glückliche Ehe? Zu Essen hätte ich gern etwas handliches, das nicht kleckert und nicht schmiert, da ich so geistesgegenwärtig war, mich schon umzuziehen. Na ja, aber immerhin muss ich dann nicht vor den Loden blankziehen. Im barbarischen Ausland nehmen einem das manche Leute übel, selbst bei so attraktiven Menschen wie mir.


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    Wobei vermutlich auch der Großwesir oder die Phönixprinzen wenig begeistert wären, würde Tiam sich vor ihnen entkleiden. Er gräbt immer noch in seinem Gepäck, in der schwachen Hoffnung, seine Krokodillederstiefel irgendwo in den Untiefen zu finden, die ihm irgendein aufmerksamer Mensch freundlicherweise eingepackt hat.

    Essen? Klar, sonst wird einem langweilig bei der langen Fahrt. Es sei denn, du findest Freude daran, dich anderthalb Stunden mit mir zu unterhalten. Also eigentlich kenne ich überhaupt keine Ehe, die auf Dauer glücklich wirkt. Aber vielleicht haben wir zwei einfach unterschiedliche Vorstellungen von Glück?!


    Na ja, ich würde die Barbaren nicht blenden müssen, wäre ich kein Agent, oder? Manche tarnen sich als graues Mäuslein und ich tarne mich als irgendwas Reiches und Wichtiges. So errät keiner, dass ich wirklich reich und wichtig bin.

    Meine Eltern gingen sich gegenseitig nur auf den Keks. Ich ihnen auch und sie mir ebenfalls. Alle haben sich gegenseitig genervt. Da kommt man doch gern nach Hause, oder? Sie blieben nur zusammen, weil sie meinten, das sei gut für mich. Was natürlich Blödsinn ist.


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    Er zuckt mit den Schultern, noch immer grinsend.


    Da halte ich es für klüger, sich auf die guten Dinge zu besinnen und die unguten einfach wegzulassen. Und klar bin ich wirklich Agent. Das sieht man doch an diesen tollen Seidenkleidern.

    Ich weiß nicht, ob man immer alles sorgfältig abwägen muss. Am Ende passieren eh lauter Dinge, auf die man keinen Einfluss hat, streitet sich und lässt sich wieder scheiden. Die beste Abwägung nützt da nichts. Also kann man die nervige Planungsphase und das monatelange Beschnuppern auch weglassen und sofort die Schmetterlinge im Bauch genießen und die Flitterwochen.


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    Er klingt aufrichtig entzückt, wie er so plaudert.


    Auf Khadesh ist es nicht kalt, wenn man sich nahe der natürlichen Feuergruben hält, oder warmen Basalt zum Schlafplatz auswählt. So schlimm ist Khadesh gar nicht, wenn man sich nicht an Galashpriestern und zahllosen Kriegsschiffen stört. Es ist sogar ziemlich bunt. Bist du eigentlich wirklich Opa?

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    Vorsichtig zieht er die Sachen fest, besorgt, der feine Stoff könnte reißen.


    Aber ich möchte die Bleifabrik dokumentieren, mir alles zeigen und erklären lassen, besonders, wenn sie in Grenznähe liegt. Auf Khadesh war ich in meinem letzten Urlaub, bevor ich den Streitkräften beigetreten bin. Das war während der Feuerregatta. Es ist dort warm und ich habe Khadesh nur mit einem Rucksack ausgerüstet besucht und im Freien übernachtet. Ohhh, was für schöne Zähne du hast!


    R O L L E N S P I E L:

    In Tiams Ausruf liegt keine Ironie.


    Wenn ich in ein paar Jahren noch so viel Biss habe und glücklich verheiratet bin, ist meine Welt in Ordnung! Aber immerhin, Zwei von Dreien haben meinen Heiratsantrag bislang nicht abgelehnt und mich auch noch nicht für ein ernstes Wörtchen beiseite gebeten. Ich schätze, das ist die Ich-muss-darüber-nachdenken-Phase. Steht mir das hier?


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    Kritisch betrachtet er sein Spiegelbild in der Scheibe.

    Na, eben genau wegen des Giftes! Ich will mir die Verpestung ansehen. Auf Khadesh bin ich mal über ein Glutbett gelaufen, das war auch spannend, die machen das regelmäßig und tanzen in irgendwelchen Ritualen, die keiner versteht, durchs Feuer. Ah, dieser Teil der Delegation ist sehr praktisch!


    R O L L E N S P I E L:

    Er freut sich über den geschaffenen Platz, verkneift sich aber eine Ergänzung bezüglich ihrer angeblichen Verlobung. Diese Art Humor scheint niemand zu teilen, nicht mal der Alte mit seiner hohlen Spindel, und ein Anschiss durch den Großwesir hat Tiam genügt. Der Anblick der Seidenkleidung tröstet ihn spontan. An Ort und Stelle beginnt er sich umzuziehen.


    Seide, feinste Seide, ein verpuppter Schmetterling. Ich hoffe, in diesen schicken Klamotten muss ich nicht wandern, das wäre ja eine Vergeudung, und außerdem nachts sehr kalt. Eine Vergeudung ist auch der Verlust meines edlen Schuhwerks.


    Alegonisch beherrsche ich übrigens fließend. Für Hochliteratur genügt es nicht, aber für den Alltag. Ich war in Tzaris stationiert, wo recht viele Alegonen herumhüpfen, und mein bester Freund ist auch Alegone. In Tarawari bringe ich nur ein paar Floskeln heraus, Grußformeln und so was. Vom Fremdsprachenunterricht in der Schulzeit ist nicht wirklich etwas hängen geblieben.

    Siehst du, da geht ein Punkt an dich. Die Langeweile ist allgegenwärtig und überkommt mich binnen Sekunden, wenn ich nichts mache. Wonach hungere ich also überhaupt? Sinnesreize? Tatendrang? Keine Ahnung, es wir ja durch nichts besser. Vermutlich auch nicht durch Weisheit. Wahrscheinlich lachst du dich in Wahrheit über mich kaputt, aber ich werde dich bei deiner Suche nach dem Schatz ein Stück begleiten. Wenn die sich als beidbeiniger Hüpfer ins Klo erweist, bin ich immerhin um eine Erfahrung reicher. Man lebt nur einmal! Vorher will ich aber eine Bleifabrik besichtigen.


    R O L L E N S P I E L:

    Nachdem er die korrekte Aussprache der lodischen Hauptstadt gehört hat, gelingt es Tiam mit größter Mühe, sie nachzuahmen. Die Sprache unterscheidet sich phonetisch stark von seiner Muttersprache.


    Ja, gehen wir! Ob es einem Loden gelingen würde, 'Masa al'hrem' zu sagen?


    R O L L E N S P I E L:

    Er strebt in Richtung des Zuges.

    Guck mal, erste Klasse, nur für uns. Was habe ich davon? Eine neue Erfahrung. Luxus ist der Katalysator für Spaß. Ich will das Geld nicht horten, sondern mich amüsieren. Mir ist ständig langweilig, ich kann nichts dafür, ich wurde so geboren. Es ist ein regelrechter Fluch! Aber wenn ich Spaß auch kostenlos haben kann oder sogar noch dafür bezahlt werde, dann benötige ich keinen Luxus. Wie oft begegnet man schon jemandem, der voll innerer Überzeugung ein spukendes Dreibein sucht, um innere Weisheit zu erlangen?


    R O L L E N S P I E L:

    Leise versucht Tiam, die lodischen Orte klar zu artikulieren, scheitert aber an den Vokalverbindungen.


    Lööö... Lee-uwniss. Wie spricht man das aus?