Beiträge von Gilgamesh

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    Gleich ist natürlich ein relativer Begriff. Sich durch die Finsternis in einem Schacht bei schlechter Luft an einer fast freischwebenden Stahlleiter hinauf zu ziehen ist keine leichte Aufgabe und schon nach wenigen Minuten ist auch ein trainierter Parshan wie Tiam verschwitzt und beansprucht. Solch eine Art Extremeinsatz sieht das Training in Tzaris kaum vor bis auf den seltsamen Spinner, der sie mal hat eine der Klippenwände halb hinaufkraxeln lassen. Also zumindest Tiam hat ihn mal für einen Spinner gehalten, aber nun ist er irgendwie doch der Ansicht, der alte Kauz hätte das hier vorausgeahnt. Vielleicht ist er auch ein wenig dankbar, denn letztendlich erreicht er den "Klippenrand" in Form einer Luke und krabbelt und schiebt sich durch diese auf einen Müllplatz in das Sichtfeld einer erschrocken fauchenden Katze in der verqualmten Abenddämmerung Diyarasus. Ein paar Möwen Kreischen. Hier oben ist zwar Smog, aber immer noch deutlich bessere Luft als da unten.

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    Der Geruch von unten ist nicht viel besser. Es stinkt nach verrotetem Papier, Brachwasser und fauligem Fisch. Der Geruch aus dem Gang scheint auch eher dort zu haften, wenn auch einiger zusammen mit den Gerüchen von unten das Rohr hinaufsteigt. Im schwachen Licht seines Pads kann er auch Schnecken und Muscheln am Rohr Richtung unten erkennen. Flut steigt das Wasser garantiert bis fast unter Ganghöhe.

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    In der Finsternis, stark benebelt und im Taumel die Rampe hinunter prallt Tiam fast gegen eine Stahlleiter und fällt dann auch fast in das Loch im Boden, in welchem diese verschwindet. Mühsam tastend und blinzelnd mag er erkenn, dass der Tunnel an einem Rohrschacht mit Leiter nach oben und unten endet, doch von oben dringt auch kein Licht hier herunter. Nun muss er sich entscheiden: Zurück in den elenden Gang in potentiellen Wahn und Zusammenbruch oder in Finsternis nach oben oder unten eine zwar stabile, aber doch sehr einfache Stahlleiter beklettern.

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    Als er zurückgelangt, muss er feststellen, dass während seiner Kanalisationserkundung jemand die Tür wieder verschlossen hat. Wahrscheinlich gingen derweilige Geräusche in dem Flatschen und Rauschen in der Kanalisation unter. Entsprechend ist die Luft hier oben auch entsprechend schwerer. Da ist die Frage, ob Tiam dennoch eine weitere Erkundung wagen will oder lieber sein Glück an der möglicherweise nun versperrten Tür oder in der Kanalisation versucht.

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    Schon nach den ersten Biegungen endet der glatte Bereich recht schnell und weicht schließlich einem feuchten, nach Fäkalien und Salzwasser stinkenden gemauerten Steingang, bei dem an einigen Stellen Unsagbares die Wand herunterläuft und in Pfützen oder im Boden verschwindet. Danach geht es weiter in einige Sackgassen, wo stinkender Brei sich langsam durch Gitter im Boden nach unten quält und schließlich ein sich ausdehendes Kanalisations- und Abwassersystem, an dessen Wänden und Decken auch Lampen zu finden sind, allerdings entweder defekt und gesplittert oder außer Betrieb. Und auch so befindet sich Tiam nur in einem der ursprünglichen Gänge und dessen Abzweigungen und der Scheiße- und Brachwassergeruch schmiegt sich nunmehr an ihn wie eine Aura. Wenn er damit in der Öffentlichkeit auftaucht, ist er mit Sicherheit als Avatar von Verwesung und Pestilenz zu identifizieren.

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    Thar verschwindet daraufhin aus dem Raum, nur um kurze Zeit später mit frischem Kaffee zurückzukehren. In einer Geste, die nur als dumm und kindisch zu bezeichnen ist, nehmen die Assassinen erst auf das Beispiel Zainas etwas davon ein. Nach einer halben Tasse wendet sich Zaina Bel-Hak dann an den Atash.

    Atash, da du die Leitung der Operation hast, bittet dich Saeed Habib nur darum, meine Verhandlungen hier in Ashur nicht zu gefährden, bei der es um engere Teilhabe Lehims in der Hegemonie geht. Gemeinsame Ausbildung von Beamten, lokale Stellen der Wesirate zur Koordination, ein Wissensaustausch und Investionsmöglichkeiten in die Infrastruktur und Fertigungsindustrien. Es wäre daher am besten, wenn alle kritischen Operationen vorerst weit von Ashar ferngehalten werden. Am besten auch vom Nordteil der Insel Lehim. Vielleicht könnt ihr ja mit den kleineren Inseln beginnen?

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    Der Atash hätte Danyal fast einen Bestätigung suchenden Blick zugeworfen, doch da er formal eben die Organisation innehat, stimmt er Zaina Bel-Hak danach zu. Diese verabschiedet sich dann entschuldigend, wonach der Atash sich im leeren Raum an Danyal wendet und eindeutig auf einen Kommentar seinerseits wartet.

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    Auch damit kann er kaum das Risiko ausschließen, denn er steht vor dem gleichen Problem wie vorher auch: Noch knapp in Sichtweite der Tür teilt sich der Gang in drei Teile und diese biegen schließlich wieder ab und führen auch weiter abwärts. Bei einer Erkundung wird es umhin bleiben, die Tür soweit hinter sich zu lassen, dass sie weder sichtbar noch schnell zu erreichen wäre, bevor er potentiell hier drin gefangen wird. Noch dazu wo die doch sehr agressive Methode des Offenhaltens draußen garantiert von den umliegenden Blöcken und Wohnungen beachtet worden ist.

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    Er ist clever genug, um zu erkennen, dass ihm das vielleicht für einen Moment gelingen wird, aber wenn irgendjemand kommt und das entfernt, ist er dann wohl noch weiter drinnen und wird vielleicht nie wieder herauskommen. Aber wenn ihm das egal ist, so wird er sicher alte Schachteln und Gerümpel auftreiben können.

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    Da der Kontakt nicht lange bestand, ist sie nur ein wenig ausgetrocknet. Die Tür lässt sich aber bedenkenlos öffnen. Der Schwall frischer Luft ist auch sehr belebend. Irgendwie war es in dem Gang auch sehr stickig, so als würde das seltsame Wand"zeug" auch etwas in die Luft absondern. Schon nach nur drei Atemzügen geht es Tiam deutlich besser. Den Gang bei geschlosser Tür hinunterzugehen, scheint ohne Ausrüstung nunmehr selbstmörderisch. Aber es macht ihn sicher, dass dort etwas Besonderes sein muss.

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    Hinter ihm schwingt die Tür ins Schloss und taucht den Gang in absolute Dunkelheit. Kein Licht strahlt herein. Es ist absolut dunkel und das auf Dauer für Gewebe schädliche Material sollte man eben nicht zu sehr berühren. Zwar mag das Licht seines Pads eine Weile reichen, aber dann kann man damit keine anderen Sachen mehr machen wie Telefonate führen oder Dinge nachschlagen. Und auch ein kurzes Leuchten zeigt nur den Weg bis zu einer Abzweigung und dort teilt sich der Gang in drei weitere, die alle weiter nach unten führen und dann in diverse Richtungen abbiegen. Ein echtes Labyrinth also.

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    Kurzzeitig wirkt Ishri fast so, als würde sie es mit den Assassinen, Zaina Bel-Hak UND Danyal aufnehmen wollen, dann wendet sie sich ihm zu und salutiert mit der Faust über dem Herzen.

    Wie du wünschst. Dann mögen die Götter mit dir sein.

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    Sie nickt Thar zu, wirft einen scharfen Blick auf Zaina und dann schaut sie kurz zu den Assassinen.

    Atash.

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    Mit diesem letzten Wort verlässt sie den Raum. Thar hat sich in der Zeit auch erheben können. Nun ist die ganze Feindseligkeit der Assassinen auf ihn gerichtet. Da fällt Danyal wieder ein, dass in der Hegemonie kaum jemand Hüter mag. Der Atash jedenfalls ergreift wieder das Wort.

    Am besten lässt du den Hüter auch draußen warten. Vielleicht können wir diesem Treffen auf diese Art dann wieder genug Würde zurückgeben. Und die Angestellte muss natürlich hart bestraft, verhaftet und dem Kadi vorgeführt werden. Ihre Ketzerei war klar ersichtlich. Und sie hatte ja auch keine Einsicht.

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    Bevor Danyal darauf etwas erwidern kann, schiebt sich Zaina Bel-Hak von der Seite in die Konfrontation. Sie bewegt sich so leise und elegant, dass es wirkt, als würde sie schweben. Ihre Stimme ist eindringlich, aber freundlich und von tiefer Sorge und Anteilnahme gekennzeichnet.

    Bitte, im Namen der Götter, eine solche Eskalation ist nicht nötig. Ishri war einfach nur überrascht. Ich bin sicher, dass wir gemeinsam zu einem guten Ergebnis kommen können. Ishri wird man sicher überzeugen können.

    Hintergrund:

    Danyal will ihr ersteres gerne glauben, aber das zweite glaubt er mit Sicherheit nicht.

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    Das papierartige Material ist eindeutig organischen Ursprungs und offenbar auf Flüssigkeiten aus, denn nach kurzer Zeit werden Tiams Finger sehr trocken. Man sollte es wohl dringend vom Gesicht fernhalten. Vielleicht ist es ja eine dieser seltsamen Algensubstanzen, mit denen Oritansh angeblich seine neuen Arkologien ausstatten will, damit diese in der rauen See überleben. Aber das Zeug ist so teuer, dass es gewiss nichts in einer solchen Gegend zu suchen hat. Das wäre wie Gold, das offen auf der Straße liegen würde, aber natürlich auch schädlich - also wirklich wie Gold.

    R O L L E N S P I E L:

    Mit einem entschuldigenden Lächeln wendet sich Zaina Bel-Hak Danyal zu, ihr einfaches Gesicht unter dem dunklen Haar voller Mitgefühl. Ihre warmen braunen Augen lassen tiefe Sympathie erkennen.

    Das wird nicht möglich sein, Agent. Das Netz ist im Moment außerhalb aller Reichweite hier. Wenn du dann so freundlich wärst und Ishri zur Ruhe bringen könntest, damit wir unser Treffen abschließen können, wäre ich dir sehr verbunden.

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    Wie sie ankündigt, funktioniert das Netz wirklich nicht. Dabei war alles im besten Zustand bevor er den Raum betreten hatte. Ishri wirft ihm genau wit Thar einen abwartenden Blick zu, offenbar auch auf seine Weisungen gespannt.

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    Die Tür öffnet sich seltsam geräuschlos - wo man hier doch Rost und Dreck vermuten würde - und gibt den Blick auf einen dunklen Gang frei, der nach unten abfällt. Ein leichter Zimtgeruch steigt heraus. Die Wände des Gangs sind fein abgeschliffen worden und offenbar auch gut gepflegt. Und das Material ist ein wenig . . . seltsam. Fast ein wenig organisch, auch wenn es sich beim Anfassen eher wie Papier anfühlt.

    Hintergrund:

    Finsternis: Irgendetwas in Tiam beginnt leichtes Unbehagen zu verspüren, so als würde ein Vorzeichen zu Schlechtem in diesem Gang lauern.

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    Sein Weg durch die subtropische Hitze, aufgepeitscht durch die Häuserschluchten und Wärmeableitung, kann sicher kaum als angenehm bezeichnet werden, vor allem wenn er von dem noch mit Gärten und Brunnen durchsetzten futunischen Quartier in die Industrie- und Wohnviertel der weniger privilegierten Bevölkerung wechselt, wo selbst seine "arme" Kleidung als wohlhabend angesehen wird. Im Gegensatz zu den gepflegten Straßen der Oberschicht wird hier nur minimal auf Sauberkeit und Ansehnlichkeit geachtet. Farbe weicht zunehmend billigen Stahlbeton und grauen Blöcken, wo nur in den angebrochenen Töpfen der Anwohner irgendwelches Grünzeug wuchert, auch wenn es mehr gelb oder braun denn grün ist. Kinderbanden prügeln sich um Müll und in einer Gasse vermöbeln Renzianer einen dritten, doch Tiam wird nicht angegangen. Wohl weil er trotz seiner roten Haare ziemlich eindeutig der Hegemonie zugeordnet wird und so wie die hiesen Wachgruppen hier auftreten, endet ein Angriff auf ihn wahrscheinlich mit dem Einsatz schwergepanzerter Söldnergruppen. Zumindest hier auf der Oberfläche und bei Tag. In den hintersten Gassen, unter der Erde oder bei Nacht sieht das bei den Schwerkriminellen sicher anders aus.


    Und in eine solche Gasse tut sich nun vor ihm auf, in welcher angeblich die Kneipe zu finden sein soll. Seine Suche in der Gasse endet zwischen zwei eisernen Türen, deutlich robuster als die Umgebung. Und Tiams Intuition und Wissbegierde sprechen eindeutig dafür, dass er die Kneipe sicher hinter der rechten finden sollte, wenn denn überhaupt. Nur ob diese bereits geöffnet ist? Und ob die Person eher hinter der linken zu finden sein mag?

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    Ishri führt die beiden Männer vorbei an weiteren Zimmern über gefließten Marmorboden, an den Wänden Teppiche mit Szenen aus der alegonischen Geschichte. Mythische und überlieferte Ereignisse aus dem Goldenen Zeitalter - also wahrscheinlich gefälscht und erlogen. Eine besonders prachtvolle Szene ist dem Auslauf der großen Expedition - an deren Ende die Besiedelung Lehims stand - aus dem Hafen von Persuna. Man kann hier angeblich sogar jedes einzelne Schiff erkennen. Dann öffnet sie eine Tür zu einem gewaltigen Saal und tritt hinein, wobei ihr die Männer folgen. Nur wenige Momente später finden sich Danyal und Thar in einer verstrickt auf dem Boden wieder.


    Mühsam gelingt es den beiden die Szene zu rekonstruieren: Der Raum enthielt außer jede Menge Pracht nur eine einzelne Frau in ziviler Kleidung, wahrscheinlich im Alter des Shaikhs von Alegon, doch mit sehr ausdrucksvollen dunklen Augen. Ishri hat offenbar Danyal einen erstaunlich kraftvollen Stoß versetzt und damit ihn und den sich neben ihm befindlichen Thar zur Seite hinter ein Sofa befördert, während sie in der gleichen Bewegung eine Dienstpistole aus den Falten ihrer Kleidung holt, entsichert und in Schusshaltung geht. Die Geschwindigkeit, mit welcher das alles von statten ging, ist dann doch etwas erstaunlich. Innerhalb von Sekunden entscheiden und zu handeln, das bedarf entweder Begabung oder rigorosen Trainings. Ishri entfährt nur eine einzige Wortgruppe, kaum aufgeregt, aber einem geübten Beobachter wie Danyal entgeht die unterliegende Spannung nicht:


    "Zaina Bel-Hak"


    R O L L E N S P I E L:

    Nur schlecht hinter dem Sofa sichtbar lächelt die andere Frau freundlich und breitet die Arme aus. Ihre Stimme ist weich und rollend, aber in ihr ruht eine innere Härte.


    "Ishri Gibari. Es gibt keinen Grund zur Aufregung. Ich bin nur hier, um Saeed Habib einen Gefallen zu erfüllen."

    R O L L E N S P I E L:

    Erst nach diesem Wortwechsel und der erstaunlichen Enthüllung der Person fällt Danyal auf, dass ihr Kleid über und über mit Schmetterlingen verziert wurde, allerdings alle in Schwarzweiß, wie das einst aus dem futunischen Großreich stammende Schach.