Kampagne: Bestienjagd - Hafsa Behroozia

Sie ist sich unsicher, was genau sie bevorzugt. Die laute Enge der Saunen ist anstrengend, vor allem da es scheinbar ein probates Mittel ist sich gegenseitig zu übertönen, um sich Gehör zu verschaffen. Es erinnert sie ein wenig an eine Kolonie von Tieren, bei denen Lautstärke mit Dominanz gleichgesetzt wird. Hafsa kennt ja Trubel und Unruhe aus ihrem zu Hause, aber das hier hat eine andere Qualität.

Im Gegensatz dazu ist die Stille in den anderen Bad fast schon ohrenbetäubend. Und dieses ständige Tropfen - war das in manchen Ländern nicht eine Foltermethode?

Die junge Frau versucht aber sich auf beide Varianten der Entspannung einzulassen und die positiven Effekte für sich in den Vordergrund zu stellen. Ihre Muskeln fühlen sich nach den Saunagängen angenehm entspannt und durchgewärmt an. In der Stille des warmen Wassers gelingt es ihr auch irgendwann ihre Gedanken treiben zu lassen. Fetzen von möglichen Texten tanzen durch ihren Kopf und Erinnerungen an die letzten Tage. Sie lässt alles vorbei ziehen und versucht nicht etwas krampfhaft festzuhalten. Wenn bestimmte Gedanken und Bilder bleiben, dann ist das so, aber sie wird es nicht forcieren.

Kaum will sich Hafsa loslassen, ertönt ein sanfter Glockenschlag und die Tür öffnet sich. Ein leichter Sog bildet sich und der Wasserspiegel beginnt sich zu senken, wahrscheinlich um das Bad zu reinigen und frisches Wasser für den nächsten Gast vorzubereiten. In der plötzlichen Helligkeit muss sie sich kurz konzentrieren.

Sie ist kurz wirklich irritiert und braucht ein paar Momente, um sich zu orientieren.
Eine Erfahrung war dies auf jeden Fall, ob gut oder nicht, mag sie aktuell noch nicht beurteilen.

Hafsa entsteigt dem Becken schließlich und schaut sich im unteren Bereich nach einer Uhr um. Nach ihrer Schätzung müsste es mittlerweile gegen mittags sein und sie überlegt, wie sie den Rest des Tages gestalten möchte. Ihre Entscheidung fällt darauf, dass sie - wenn möglich - herausfinden möchte, was ein Fischbad wohl sein könnte und sich danach ein leichtes Mittagsessen besorgt, um dann noch eine Stunde im Liege Bereich zu lesen und vielleicht nach einem Moor- oder Algenbad (irgendwo hatte sie mal gelesen, dass sei gut für die Haut) ihre Erkundung der Gegend fortzusetzen. Immerhin wollte sie auch wissen, wo die Stadtverwaltung ist und da vorsprechen. Ob das heute noch möglich war? Sie zuckte innerlich mit den Schultern, wenn nicht, dann eben morgen - sie würde wirklich versuchen sich nicht direkt wieder Druck zu machen, auch wenn ihr das sehr schwer fiel.

Leicht schockiert stellt sie fest, wieviel Zeit doch schon vergangen ist. Nicht nur, dass es schon nach dem Mittag ist, scheinbar geht es schon auf das Nachmittagsunwetter zu, auch wenn nicht wirklich erwartbar ist, dass es hier oben viel regnet. Beim Fischbad handelt es sich scheinbar um ein Bad in einem Fischschwarm. Das ist sicher nicht für jeden etwas. Wenigstens sind es keine Haie oder andere Tiere, die im Notfall zubeißen könnten. Man stelle sich vor, in ein Bad voller Krebse geworfen zu werden. Passenderweise gibt es Krebssuppe mit Gemüse zum Mittag.

Ihr Magen würde sich auch etwas darüber beschweren, dass sie die Mittagszeit verpasst hat und deshalb würde sie sich Zeit bei der Einnahme der Mahlzeit nehmen. Es ist ein angenehm leichtes Essen, wie sie findet, passend zu der Umgebung. Natürlich darf eine Tasse Tee nicht fehlen.
Da es jetzt eh schon später ist als erwartet und einfach dumm wäre ins nächste Bad zu gehen, würde sie sich mit ihrem Tee etwas zurücklehnen und das Treiben beobachten.

Nach einer Weile setzt sich ungefragt ein junger Mann zu ihr. Er wirkt recht exotisch für einen Futunen, da er blondes Haar hat. Seine grünen Augen funkeln sie herausfordernd an.

Hafsa braucht einen Moment, um zu verarbeiten, was der Mann ihr gegenüber da gerade gesagt hat, denn ihre Gedanken wanderten gerade ebenso ungerichtet und frei, wie ihre Wahrnehmung.

Sie schaut ihn an und nimmt sich einen Moment Zeit noch einen Schluck Tee zu trinken, bevor sie antwortet.

Sie fährt mit dem Finger den Rand der Teetasse entlang.

Hafsa bleibt ruhig und nimmt noch einen Schluck Tee.

Sie mustert ihn in Ruhe.

Er wirkt sichtlich gelangweilt.

Zum Glück hat sie keinerlei Druck ihm irgendwas beweisen zu wollen, oder ihn unterhalten zu müssen. Wenn er sie langweilig fand - nun vielleicht war das besser für sie … Sie war sich gerade nicht sicher, was sie von dieser Interaktion halten sollte und war extrem vorsichtig und angespannt, was sie aber versuchte hinter einer Maske der Gleichgültigkeit zu verbergen.

Sie schaut ihn weiter an und studiert seine Gesichtszüge.

Er starrt sie stumm an.

Sie hebt eine Augenbraue.

War das irgendeine Art Test? Ja sie war definitiv paranoid - aus gutem Grund. Ihre Gedanken beginnen zu rasen und überschlagen sich - kannte sie ihn? Sollte sie ihn kennen? Der Name war doch mit Sicherheit ausgedacht, aber sagte er ihr irgendwas?

Sie trinkt ihren letzten Schluck Tee und stellt die Tasse ab.

Entgegen ihrer Annahmen scheinen die meisten Leute mit ihren eigenen Dingen beschäftigt zu sein und haben kein Interesse an einer beliebigen Interaktion von zwei Fremden. Natürlich ist es das Vorrecht der Jugend, sich selbst für den Nabel der Welt zu halten, aber die meisten Personen schenken Fremden in einem Freizeitbad nur beschränkt Beachtung, sondern sind mehr auf sich fixiert.

Jetzt kann sie sich ein Lachen nicht verkneifen, dass ihr fast die Tränen in die Augen treibt. Dabei wirkt es nicht so, als würde sie ihn auslachen, sondern wirklich ehrlich amüsiert und befreit.

Er reicht ihr eine aufwendig gestaltete Visitenkarte in matten Farben, die den Einruck von Rauch erwecken. Darauf wird der Karteninhaber zum Konzert am morgigen Abend der Punkband "Karzu" eingeladen und zur Feier danach in den Hallen des letzten Feuers. Davor sollen auch noch andere Bands spielen.

Sie nimmt die Visitenkarte entgegen und muss weiterhin schmunzeln.

Hafsa schaut sich die Karte genauer an und muss die Kunstfertigkeit der Gestaltung neidlos anerkennen. Einen Moment ist sie überfordert damit, wo genau sie die Karte hin packen soll und entscheidet sich letztlich sie kurzfristig ins Dekolletee zu stecken - sie würde sie vor dem nächsten Bad in ihre Kabine zu ihren Sachen bringen.

Die letzten Worte hat er wohl nicht mehr gehört, da er nach "ich werde da sein" schon wegging.