Beiträge von Tiam Torabi

    Aha. Und was sagt der Großwesir dazu? Wen habt ihr vor, mit mir gemeinsam in der lodischen Einöde auszusetzen, radioaktiver Strahlung, verpesteten Böden und saurem Regen hilflos ausgesetzt, während ihr von der Königin zu einem üppigen Bankett empfangen werdet? In der Überlebensuhr aus Yanth wäre übrigens auch ein Strahlungsmessgerät integriert gewesen.


    R O L L E N S P I E L:

    Den Worten des Prinzen folgend, stellt er sich unter dem Grenzland des Lodenreichs eine giftige Zone vor, mit verlassenen Gehöften aus einer besseren Zeit, qualmenden Bleifabriken, toten Gewässern und ewig grauem Himmel. Selbst recherchiert hat er noch nicht, da er mit anderen Dingen beschäftigt war.

    Also werde ich allein durch die lodische Bleiwüste wandern, mit nichts als einem Zelt zum Gepäck. Nicht nur die Ehrengarde und die Dolmetscher, sogar die Masseure wurden mir genommen.


    R O L L E N S P I E L:

    Er klingt nun ziemlich verbittert. Was zum Henker soll er dort?!


    Hätte man mir das eher gesagt, hätte ich wenigstens meine Überlebensuhr aus Yanth mit mir geführt! Da sind unter anderem auch ein Kompass und ein Höhenmesser drin, die genau so präzise arbeiten wie das Uhrwerk. Aber es geht auch so. Ich hab ja meinen Zebraschlafanzug.


    R O L L E N S P I E L:

    Viel nützlicher wären seine banabischen Bergstiefel gewesen, mit denen er früher gern durch das Hochland gewandert ist, doch die ruhen fern von hier auf dem futunischen Festland.

    Das Wesirat für Kultur?


    R O L L E N S P I E L:

    Tiam hebt verwundert die gezupften Brauen.


    Na, dann kann nichts schiefgehen, nicht wahr?


    R O L L E N S P I E L:

    Sein Lächeln wirkt angespannt, aber er lächelt. Die Frau scheint es ernst zu meinen. Er denkt an die vielen unüberschaubaren Rivalitäten. Vielleicht würde sie ihm tatsächlich helfen, selbst wenn der Großwesir höchstselbst beabsichtigen würde, Tiam verschwinden zu lassen.


    Begleiten uns denn die drei Herren da?


    R O L L E N S P I E L:

    Er weist mit dem Kopf in Richtung der drei Masseure.


    Oder sind das ausgerechnet die Dolmetscher, die jetzt zur Strafe hierbleiben? Immerhin habe ich den dreien einen Heiratsantrag unterbreitet. Und sie haben nicht Nein gesagt!


    R O L L E N S P I E L:

    Er blinzelt frech.

    Wozu gibt es Übersetzungsprogramme? Die sind heutzutage ziemlich gut. Eine barbarische Sprache kann kaum so komplex und vielschichtig sein, dass ein Programm nicht ausreichen würde, um alle Bedeutungsebenen zu erfassen. Bei der Übersetzung ins Futunische ist das freilich eine andere Geschichte. Leb wohl.


    R O L L E N S P I E L:

    So verschwinden die Phönixprinzen. Tiam schmachtet ihnen noch kurz nach, dann widmet er seine Aufmerksamkeit der Gesandten vom Wesirat für Kultur.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam beruhigen die Ausführungen des Akash nicht sonderlich. Er rechnet immer noch damit, dass er auf lodischem Boden verunfallen soll. Trotzdem nickt er kurz und ernst. Es ist einer der wenigen Momente, in denen man ihm den Parshan anmerkt. Die blumigen Formulierungen des Akash bergen ihre eigene finstere Poesie, auch wenn Tiam die Metaphorik nur zum Teil entschlüsseln kann. Vielleicht gehört genau das dazu. So muss Futunisch klingen und aus wessen Mund könnte die Wirkung stärker sein als aus denen eines Prinzen? Diesen Mann für ein Interview zu gewinnen, das muss traumhaft sein.


    Wir werden erleben, wie groß das Ausmaß der lodischen Barbarei sich tatsächlich bemisst, ob sie es wagen, sich an den Erben der Heiligen Schöpfung höchstselbst zu vergehen, oder ob sie uns auch ohne formellen Diplomatenstatus empfangen wie es uns gebührt. Wenn sie einen Gesandten den Großwesirs nicht als Diplomaten anerkennen, haben die Loden in sehr vielen Bereichen Nachholbedarf. Ich werde den Loden dazu neben meiner eigentlichen Arbeit einige Fragen stellen.

    Meine wertvolle Arbeit sabotieren?


    R O L L E N S P I E L:

    Tiam runzelt die Stirn.


    Sie müssen doch trotzdem über ein Gehirn verfügen und über ein Mindestmaß an logischem Vorstellungsvermögen. Wieso sehen sie mich nicht als diplomatischen Vertreter an? Unhöflich oder nicht, mich sendet schließlich nicht irgendwer. Da ergibt sich mein Status doch praktisch von selbst.


    R O L L E N S P I E L:

    Scheinbar will oder soll man ihm keine diplomatische Immunität gewähren, was bedeutet, dass er richtig liegt mit seiner Vermutung: Die Loden sollen die Drecksarbeit übernehmen und Tiams Dasein ein Ende bereiten, sei es durch einen tragischen Unfall oder ganz offiziell.

    He, nichts gegen Yanth! Unsere Uhren sind die präzisesten der Welt. Ich wollte nur höflich sein, da ich dachte, die blöde Technik spinnt. Auch wenn Yanth in die Unabhängigkeit entlassen wurde, so halten wir dennoch große Stücke auf die Phönixdynastie, und zeigen nicht einfach frech mit dem Finger vor aller Leute Augen auf mögliche Fehler, sondern verpacken entsprechende Hinweise in Samt und Seide, wie es euch gebührt.


    R O L L E N S P I E L:

    Zumindest Tiam ist den al-banabis tatsächlich recht zugetan, auch wenn sie dauernd von ihrem hohen Ross herunter nörgeln. Wer mag nicht die Aura von Macht und Reichtum, den goldenen Hauch des Alegonischen Weltreiches? Er öffnet die Hände.


    Ich denke, die Loden werden uns Dolmetscher zur Verfügung stellen, auch wenn sie nicht die feinen Nuancen der futunischen Sprache erkennen werden. Für eine Verständigung wird es genügen.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam hebt den Daumen und grinst unverschämt breit in die Kamera.


    Die meisten Futunen sind sehr gut darin, Menschen zu lesen, da sie im Netz der Lügen auwuchsen. Entsprechend subtil ist Tiams Kopfschütteln, das ein Barbar nicht einmal bemerken würde. Es muss heimlich genug erfolgen, damit keiner der umstehenden Futunen es sieht - besonders nicht der Akash - aber deutlich genug, dass jemand, der ihm gerade frontal ins Gesicht sieht, es als Geste der Verneinung erkennt. Der Balanceakt ist nahezu unmöglich, doch welche Wahl hat er, als es zu versuchen?


    Irgendetwas stimmt ganz und gar nicht und Tiam wird kalt vor Angst. Ihm fällt wieder ein, dass alle Zeichen darauf hindeuten, dass er nicht mehr lebend heimkehren soll. Und doch versucht er, so lange er noch kann, zu verhindern, dass man ihn im Lodenreich auf Nimmerwiedersehen verschwinden lässt, nachdem er seinen gefährlichen Auftrag erfüllt hat.


    Hoffentlich versteht der Wesir den Hinweis!

    R O L L E N S P I E L:

    Bestimmt darf der Akash das nicht, der lehnt sich garantiert viel zu weit aus dem Fenster! Aber wer will ihn daran hindern? Ein kleiner Agent wie Tiam wohl kaum, und wenn er noch so gut gekleidet ist. So bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinen freundlichen Gesichtsausdruck beizubehalten und so zu tun, als hätte alles seine Ordnung. Aber ein wenig nervös macht ihn das schon. Wahrscheinlich waren die Informationen von größter Wichtigkeit und sie haben sie alle verpasst.

    R O L L E N S P I E L:

    Entgegen Tiams Vermutung erklären die Prinzen ihn nicht für besoffen und bekloppt, sondern reagieren amüsiert. Tiam hingegen zieht ein langes Gesicht.


    Der verkeimte Gammelschacht ist eine Rutsche?! Und ich Blödian habe das nicht erkannt!


    R O L L E N S P I E L:

    Das beschert ihm tatsächlich einen mittleren Anfall von Verzweiflung. Wann hat er schon jemals wieder Gelegenheit SO eine eklige Rutsche zu benutzen? Aus und vorbei, die Gelegenheit ist verstrichen. So eine Chance hat man nur einmal im Leben und er hat sie vergeigt. Er versucht sich damit zu trösten, dass die gequälten Laute in Wahrheit die Geräusche einer Person waren, die in der Verzückung blanker Widerwart schwelgte.


    Das Gruselkabinett ist wirklich gut gelungen, besonders die Asseln! Meine Hochachtung. Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit mitgebracht. Da niemand gerettet werden muss, möchte ich die Störung hiermit für beendet erklären.


    R O L L E N S P I E L:

    Er entfernt sich höflich von den al-banabis und stellt sich irgendwo hin, wo noch Platz ist und er freie Sicht auf den Wesir genießt.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam entfährt ein wohliges Gurren, als er seine Masseure wiedererkennt. Wie schön, dass sie die Gruppe begleiten werden! Nicht ganz so erfreut nimmt er die Anwesenheit der Frau vom Wesirat für Kultur zur Kenntnis, die ihn gegen seinen Willen ausgefragt hat. Andererseits hat sie ihm anschließend eine herrliche Massage organisiert, so dass Tiam nicht nachtragend sein will und ihr zum Gruß zulächelt. Den Sufi grüßt er mit einer kurzen Handbewegung und einem Grinsen.


    Die zwei Prinzen sind vermutlich wieder die leibhaftige Arroganz, während ihr Verwandter den Bildschirm ausfüllt, und wollen wahrscheinlich am liebsten überhaupt nicht von ihm beachtet werden, nachdem er die letzte Strophe von "Banaba, das Herz Futunas" in der verpönten Yanthi-Variante gesungen hat.


    Ein kurzes Stirnrunzeln offenbart, dass Tiam etwas überrumpelt davon ist, dass alles schon loszugehen scheint. Was soll er nur tun, ohne dass die al-banabis einen kollektiven Ausraster erleiden?! Es geht nicht anders, wenn hier einer Bescheid weiß, dann der Hausherr! Tiam gesellt sich zu diesem und wagt ganz leise zu stören.


    So höflich und förmlich, wie es ihm nur möglich ist, sagt er:


    Entschuldige bitte die Unterbrechung, aber gehören Todesschreie aus dem Schacht im Verlies zum Gesamtkunstwerk oder könnte ein Notfall vorliegen?

    R O L L E N S P I E L:

    Es ist wie verhext. Irgendwer muss sich doch finden lassen, wenn es einen Notfall gibt! Da ihm auf dem direkten Weg zurück ins Quartier niemand über den Weg läuft, bleibt ihm nichts anderes übrig, als sich fertig zu machen.


    Anziehen dauert bei ihm nicht lange. Doch Tiam muss das Frühstück nun im Eiltempo herunterwürgen. Beides zusammen sollte höchstens fünf Minuten in Anspruch genommen haben. Seine Sachen stopft er gewaltsam in die Tasche, was etwa weitere zehn Minuten in Anspruch nimmt.


    Nervös fragt er sich, ob das vermeintliche Folteropfer inzwischen gestorben sein könnte. Vielleicht ist ja bereits jemand am Treffpunkt, den er darauf ansprechen könnte? Samt seinem Gepäck eilt er durch das Labyrinth.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam kichert, weil es so herrlich ekelhaft ist. Und da wollte er reinkriechen. Aber was ist mit dem Mann? Zu hören ist nichts mehr. Wurde er vom Geziefer verzehrt? Tiam macht eine Videoaufnahme von dem Schacht und dem, was darin kreucht und fleucht. Auch ein paar Fotos von den Tieren müssen sein.


    Dann macht er sich auf den Rückweg, wobei er schaut, ob er irgendwen findet, den er auf den Schacht des Grauens ansprechen kann.

    R O L L E N S P I E L:

    Tiam fährt zusammen. Der Schrei geht ihm durch Mark und Bein. Ob das zum Gesamtkunstwerk gehört? Andererseits klang das ziemlich echt. Um das Frühstück macht er sich weniger Sorgen als um den Termin. Aber so einen gequälten Schrei will er auch nicht ignorieren. Was, wenn jemand Hilfe benötigt?


    So geht er, noch in seinen kuscheligen Zebra-Schlafanzug mit Öhrchen-Kapuze gewandet, vorsichtig schauen, wo dieser Schrei nur herkommen möge. Tiam hat einfach ein viel zu gutes Herz.