Kampagne: Tausend Münzen für den Narren - Tiam Torabi

    • Offizieller Beitrag

    Dann tue das bitte draußen. Es wäre doch der Gipfel der Peinlichkeit, wenn dich der Sicherheitsdienst aus dem Gebäude werfen müsste. Und keinen Kommentar dazu, sonst rufe ich ihn aus Prinzip.


    R O L L E N S P I E L:

    Sie klingt nicht mehr genervt, sondern einfach nur gelangweilt. Sie hat nicht einmal mehr aufgeblickt. Sie scheint das auch völlig ernst zu meinen. Scheinbar ist hier keine Frau für Tiams Avancen empfänglich.

  • R O L L E N S P I E L:

    ... was ihn auch verwirren würde, wo er doch deutlich zeigt, dass keinerlei Interesse dahintersteht, sondern für ihn alles lediglich seine Art zu kommunizieren darstellt. Sein persönlicher Lügenschleier ist so dick und offensichtlich wie bei anderen kiloweise Schminke oder künstliche Fingernägel, was er widerum für eine entgegenkommende Sache hält.


    Er erwartet von seinem Gegenüber schließlich auch, dass es ihn von vorn bis hinten belügt, alles andere wäre aufgrund der anmaßenden Vertraulichkeit grob unhöflich, geradezu übergriffig, wie eine Art Wahrheits-Exhibitionist, der ungefragt den Mantel aufmacht, unter dem nichts drunter ist, als die nackte Wahrheit!


    Wenn er während eines Gesprächs will, dass ein Fremder zu einem Sachverhalt die Wahrheit erfährt, weil es sich als notwendig erweist, ist ihm das regelrecht peinlich, so als wäre er zum Lügen zu dumm und er versucht die Wahrheit möglichst indirekt auszusprechen oder sie durch Übertreibungen auf ein erträgliches Maß zu verzerren oder wenigstens durch eine geschauspielert wirkende Intonisierung als leicht erkennbare Pseudo-Lüge zu verpacken. Außerhalb Futunas würde man Tiam vermutlich vorwerfen, dass er die praktisch unlernbare Fremdsprache "Frau" redet, die Tiam indessen zumeist vollkommen logisch findet.


    Du wirst von mir lesen, Püppchen.


    R O L L E N S P I E L:

    Mit dem passenden Bildmaterial, denn aus dem Rohling ihres Gesichts lässt sich mit einem Bildbearbeitungsprogramm und etwas Geduld jede passende Version der Wahrheit respektive jede beliebige Scheußlichkeit konstruieren.


    Während er sich abwendet und auf den Weg nach unten macht, behält er das Datenpad in der Hand, in der Absicht, unten gleich mal ein wenig zu telefonieren. Zunächst hat er vor, Xaxai Anwar zurückzurufen, und dann, mal schauen.

  • R O L L E N S P I E L:

    Als er Richtung Fahrstuhl geht, kommt eben jener gerade an und ein imposanter Mann in mittleren Jahren in einer Galauniform steigt aus. Sein kurz geschorenes, schon graues Haar rahmt ein strenges Gesicht voller Falten um stechende graublaue Augen ein. Sein größtes hervorstechendes Merkmal ist das linke Ohr, von dem eindeutig schon ein gutes Stück fehlt. Ohne Tiam zu beachten, marschiert er zum Tisch und brüllt fast:

    Arsham Vathim Naun. Ich verlange sofort den neuen Leiter zu sehen!

    R O L L E N S P I E L:

    Auch ihm schenkt die Sekretärin nur einen genervten Blick. Erst nach mehreren Augenblicken, in denen Tiam auch von hinten beim Arsham die Adern anschwillen sehen kann, antwortet sie:

    Ich bin beschäftigt. Xian Wao ist im Moment nicht zu sprechen. Warte bitte, bis du gerufen wirst.

    R O L L E N S P I E L:

    Woraufhin der Arsham eine Kanonade von Flüchen und Verwünschungen ausstößt, wer sie sich denn einbilde zu sein und dass er einer von zwei aktiven Arshams der Stiftung wäre, und das seine Leute hier alles absichern würde, Xian Wao habe für ihn Zeit zu haben, er wäre ja nicht nur ein dahergelaufener Parshan wie manch andere. Nachdem ihn die Sekretärin weiter ignoriert, wendet er sich wütend ab und stapft zurück zum Fahrstuhl. Den kann sich Tiam dann mit ihm teilen.

  • R O L L E N S P I E L:

    Also das findet Tiam nun wirklich suspekt! Wie kann die dürre Zippe einen Arsham derart abspeisen? Tiam gesellt sich zu dem sehr imposanten Mann in den Fahrstuhl.


    Masa al'hrem, Arsham! Was für eine unverschämte Behandlung einem Manne wie dir gegenüber. Aber ich bin Reporter und wäre bereit, deiner Stimme Gehör zu verleihen, um diesen Missstand öffentlich zu machen. Das kostet dich gar nichts, nur ein paar Minuten für ein Interview. Mir geht es nicht um Geld, sondern um Gerechtigkeit.


    R O L L E N S P I E L:

    Im Gegensatz zur Empfangsdame muss der Arsham kein schmieriges Grinsen ertragen, sondern nur eine höchst empört in Falten gelegte Stirn.

  • R O L L E N S P I E L:

    Der Arsham wendet sich Tiam zu, sein Gesicht immer noch voller Zorn. Abschätzig wandert sein Blick über sein Gegenüber. Was auch immer er sieht, es scheint ihm nicht zu gefallen.

    Das ist wirklich eine Neuheit. Ein Mann, der die internen Spannungen innerhalb der Stiftung öffentlich machen will. . . Sind wir jetzt auf das Niveau von Tiamat herabgesunken? Also wirklich, eine noch größere Angriffsfläche könnten wir unseren Gegnern gar nicht bieten als diese interne Verstimmungen öffentlich zu melden. Wie war doch gleich dein Name?

    Hintergrund:

    Licht 3+Finsternis 1: Es ist mehr als offensichtlich, dass der Arsham Tiam nunmehr als gefährlich für die Fraktion betrachtet und sich sein Gesicht deutlich einprägt.

  • R O L L E N S P I E L:

    Das war ja mal ein tiefer Griff ins Klo! Was für ein humorloser und missgünstiger Arsham.


    Welche Gegner? Wir selbst sind unser schlimmster Feind, Arsham. Das weißt du besser als jeder andere, denn sonst würde die Hegemonie militärisch versierte Männer wie dich und deine Bluthunde nicht benötigen. Es bleibt einzig die Frage, was man aus dieser Situation macht.


    R O L L E N S P I E L:

    Er blinzelt liebenswürdig.


    Mein Name ist Zhuo Lin.


    R O L L E N S P I E L:

    Hups!

  • Willst du mich veräppeln? Du bist eindeutig Hochfutune. Und wir sind wohl kaum unser schlimmster Feind. Unser schlimmster Feind sind Spione anderer Fraktionen, die Zwitracht sähen wollen.

    R O L L E N S P I E L:

    Der Fahrstuhl erreicht das Erdgeschoss und gibt den Blick auf eine Gruppe von fünf Wartenden, zwei Futunen und drei Renzianer, frei. Alle starren den Arsham in seiner Erregung an und Tiam ein wenig misstrauisch.

    Wer hat dich geschickt? Aszanah? Tiamat-West Asurik? Tiamat-Diyarasu? Oder Tiamat-Ost Asurik? Oder gar die Akademie? Obwohl, die sind zu clever für solch plumpe Versuche.

    R O L L E N S P I E L:

    Jetzt schauen alle misstrauisch und erschrocken auf Tiam.

  • Also ehrlich, Arsham, ist dir mal in den Sinn gekommen, dass deine Aussage kränkend wirken könnte? Vielleicht wurde ich adoptiert? Vielleicht bin ich ein Halbblut, das nur nach einer Seite schlägt, und wurde für mein Aussehen oft gehänselt? Vielleicht hat meine Mutter neu geheiratet, als ich noch ein Kind war, und ich trage den Namen meines lieben Stiefvaters, der viel zu früh von uns ging? Die Welt ist nicht so klar in Hochfutunen und Nicht-Hochfutunen untergliedert, wie es praktisch wäre, sondern da ist ein breiter Graubereich, der die Dinge verkompliziert. Aber so ist das ja in vielen Bereichen.


    R O L L E N S P I E L:

    Tiam hat das Grinsen reduziert, aber das Schmunzeln um seine Augen und seine leicht hochgezogene Mundwinkel der rechten Seite bleibt, was seinem persönlichen neutralen Gesichtsausdruck entspricht, so wie bei anderen das Fischgesicht mit dem leeren Blick.


    Zwietracht braucht niemand zu säen, die ist längst da! Man kann darüber jammern, oder die Regeln in seinem Sinne nutzen. Ich biete dir an, dabei zu helfen, deine Interessen durchzusetzen. Da es sicher gute Interessen sind, die du vertrittst, ist mein Angebot mildtätiger Natur.


    R O L L E N S P I E L:

    Die Blicke der Umstehenden genießt Tiam, da er sich gutaussehend und redegewandt findet, und Situationen wie diese für ihn auch Werbung bedeuten können. Selbst, wenn man sich über ihn das Maul zerreißt, ist das Werbung! Fast bedauert er es, den Namen der bösartigen Schreckschraube genannt zu haben, die ihn vom Flughafen abgeholt hatte, und nicht seinen eigenen.

  • Und dann trägst du den Namen der ehemaligen Chefsekretärin? Sicher nicht. Wenn du solcherlei Lebensgang hinter dir hättest, wärest du mit Sicherheit gewandter in der Ausfertigung deiner Lügengeschichte hier vor Ort. Aber so ist deine blatante Unwissenheit offenbar.


    R O L L E N S P I E L:

    Er wendet sich ab und zum Gehen nach draußen.


    Aber das ist nicht mein Problem. Damit kann sich der örtliche Sicherheitsdienst befassen. Ich habe andere Aufgaben.

    R O L L E N S P I E L:

    Wie auf Aufforderung, was seine Ansage auch sein mag, erscheinen einige Wachleute bereit, Tiam in Empfang zu nehmen. Seinen weiteren Argumenten hat er dabei offensichtlich keine Bedeutung zugemessen. Einer der Wachleute öffnet bereits die Jacke beim Nähertreten ein wenig, um die absolut irrsinnige letale Waffe zu zeigen, mit der in Diyarasu scheinbar jeder ausgestattet ist. So will er wohl kommunizieren, dass Tiam besser keine Dummheiten macht.

    Hintergrund:

    Finsternis 1: Tiam ist doch verdächtigen Personen gestern erst begegnet. Die "ehemalige Chefsekretärin" und ihr "Leibwächter" waren in ihrem Handeln doch mehr als verdächtig. Aber nun ist es wohl zu spät, damit Punkte zu gewinnen, oder?

  • Der ehemaligen Chefsekretärin war das? Dafür hat sie sich gestern ziemlich weit aus dem Fenster gelehnt!


    R O L L E N S P I E L:

    Tiam versucht, dem Sicherheitsmann nicht auf das entblößte Waffenarsenal zu starren, während er dem Arsham hinterherruft, was ihm jedoch nur halb gelingt. Abgesehen von seinem noch immer plappernden Mundwerk macht er keine Anstalten, sich zur Wehr zu setzen, wie auch, bei solch einer Übermacht, das würde alles nur zur Eskalation bringen. Und ist nicht sein Geist seine stärkste Waffe?


    Darum habe ich ja ihren Namen geklaut, es wäre wirklich angebracht, dass jemand bei ihr mal nach dem Rechten sieht!


    R O L L E N S P I E L:

    Inständig hofft er, dass irgendwer den Köder interessant genug findet, um ihn zu schlucken. Viel mehr kann er nicht anbieten, ohne die Karte "Agent-des-Großwesirs" zu spielen, womit er sich wahrscheinlich so ziemlich alles verbauen würde, was er vorhat.

  • R O L L E N S P I E L:

    Der Wachmann führt ihn ohne die Miene zu verziehen zu einem anderen Fahrstuhl und dort hinein, bevor er einen Knopf drückt, der nach Anzeige die beiden wohl ins zweite Untergeschoss bringen soll, bevor er die Fahrt mit einer Magnetkarte autorisiert. Niemand hat wirklich auf seinen Ausruf reagiert, aber dass er nun in den Keller statt nach draußen verfrachtet wird, ist schon ein wenig seltsam. In Diyarasu sollen schon schneller Leute verschwinden, aber hier in der Zentrale im Keller?

  • R O L L E N S P I E L:

    Und er hört nicht auf zu plaudern, ein sicheres Zeichen dafür, dass ihm nun doch etwas mulmig zumute ist.


    Darf ich erfahren, was man mir anlastet? Ich bin kein Verbrecher, ich habe nur ein loses Mundwerk, aber das ist eine Berufskrankheit, alle guten Journalisten sind so, weil den langweiligen Rest keiner liest, außer vielleicht die Eierköpfe der Akademie. Du kannst mein Führungszeugnis einsehen, ich habe nie jemandem etwas anderes zu Leide getan als ihn ein wenig mit wohlgewählten Worten gequält. Aber das ist doch kein Verbrechen!

  • R O L L E N S P I E L:

    Der Sicherheitsmann zeigt keine große Regung und geht auch nicht wirklich auf die Bemerkung ein. Da öffnet sich auch schon die Tür und gibt den Blick auf eine große Halle, welche sich unter einer Balustrade, auf der jener Fahrstuhl hält, erstreckt. Eine Treppe gleich gegenüber dem Fahrstuhl führt auf die untere Ebene. In der Halle stehen Dutzende Monitore, welche verschiedene Überwachungsfilme aus Diyarasu zeigen. Zu Tiams Überraschung sind auch einige von seinem Aufstieg aus dem Müllschacht und in der Kanalisation dabei, doch andere zeigen auch andere Personen in seltsamen Situationen. Am Ende dieser Monitorreihen sitzen auf einem Tisch hockend - und ja, es ist so seltsam, wie es sich anhört - drei Halbstarke, welche scheinbar willkürlich durch die Aufnahmen zappen, wobei sie nebenbei etwas in ein virtuelles Interface eintippen, das vor ihnen schwebt.


    Der Wachmann hat Tiam ohne Berührungsängste auf die Balustrade geschoben und fährt nun mit dem Fahrstuhl wieder ab. Die Halbstarken schenken Tiam keinerlei Aufmerksamkeit und scheinen ganz in ihre Arbeit vertieft.

  • R O L L E N S P I E L:

    Als Tempelgänger par exellence ist Tiam kein bisschen berührungsscheu, trotzdem kann er es nicht so stehen lassen, dass der fremde Kerl uneingeladen seine Grenze überschreitet. Als der Sicherheitsmann ihn von hinten schiebt, gibt Tiam folgerichtig ein anstößiges Gurren von sich. Doch kaum ist der Mann verschwunden, wirft er ihm einen giftigen Blick hinterher, ehe er sich wieder herumdreht und den Raum in Augenschein nimmt.


    Das scheint eine Art Schaltzentrale zu sein? Er entdeckt die Jugendlichen. Einen Augenblick bleibt er stehen, um sie zu mustern, dann marschiert er zielstrebig auf sie zu. Als er an dem Monitor vorbeikommt, der ihn bei seinem ruhmlosen Aufstieg aus dem Schacht zeigt, entfährt ihm ein Kichern. Ergeht bis zum Ende, wo er sich zu den Halbstarken gesellt.


    Masa al'hrem, die Herrschaften! Muss ich mich noch vorstellen oder ist meine Identität bekannt?


    R O L L E N S P I E L:

    Er weist mit dem Kopf in Richtung der peinlichen Aufnahme, dabei grinst er.


    Recherchen erfordern Opfer! Ich nehme meine Arbeit sehr ernst und bin mir für fast nichts zu fein. Ihr habt hier ja eine wahre Fundgrube an Wissen!

  • R O L L E N S P I E L:

    Einer der Jugendlichen - sein bleichblond gefärbtes Haar ist strubbelig und steht in alle Richtungen ab und sein Gesich zeigt deutlich Übermüdungserscheinungen durch Ringe unter seinen blauen Augen - macht eine abwehrende Handbewegung. Seine beiden Kollegen, ähnlich übermüdet, aber durchaus sportlich, aber mit ebenso gefärbten Haaren - jetzt wo Tiam da ist, erkennt er, dass sie offensichtlich Drillinge sein müssen - schauen nicht wirklich zu ihm.

    Bitte sei still, Subjekt 36b, und setz dich dort hinten in die Ecke. Deine Zeit ist erst in 37 Minuten und 12 Sekunden heran. Wir müssen uns darauf konzentrieren, die Daten aller Subjekte auszuwerten, um deine Eignung zu erwägen.

    R O L L E N S P I E L:

    Er weist auf einen Plastikstuhl an einem Tisch, auf dem diverse abgegriffene Hefte aus dem Rotlichtmilieu liegen, die man in barbarischen Gesellschaften den armen Schweinen gibt, die weder Datenpads noch Gottesdienste kennen. Daneben ein Schokoriegelhaufen und diverse Flaschen Wasser. Tiam hat das deutliche Gefühl, dass er nicht als Mensch, sondern lediglich als Versuchsperson oder Studienobjekt in irgendeinem Versuchsfeld herhalten wird.

  • Subjekt 36b? Wer ist denn die 36a? Aber lieber Subjekt als Objekt, nicht wahr? Ich hoffe, in 37 Minuten und 2 Sekunden erhalte ich eine Erklärung für das hier!


    R O L L E N S P I E L:

    Irgendwas muss er dazu ja sagen, aber das ist doch wirklich der Gipfel! Er setzt sich verstimmt an den Tisch, doch weder bedient er sich an den Schokoriegeln, noch wirft er einen Blick in die Schmuddelhefte. Was soll er damit in dieser Situation und an diesem Tisch? Und so starrt er nur die vermeintlichen Drillinge an und beobachtet sie in ihrem für ihn nicht nachvollziehbaren Treiben. Zwischendurch schaut er auf die Monitore. Vielleicht ergibt sich ja ein Schema, wofür sie sich besonders interessieren, so dass er herausfinden kann, weshalb er verdammt noch mal hier gelandet ist und nicht bei seinem Chef!


    Wenn ich einen Zwilling oder Drilling hätte, würde ich ihm verbieten, so auszusehen wie ich


    R O L L E N S P I E L:

    , meckert er vor sich hin.


    Ein Klon wäre freilich noch mal was anderes.

  • Hintergrund:

    Sturm 2, Finsternis 1: Er kann nur vermuten, dass einige der Individuen, natürlich nicht er selbst, danach gemessen werden, unsagbare dumme Situationen durch Methodik, Planung oder Glück oder gar alles zusammen überleben, um sich so für eine Aufgabe zu eignen. Da er ja nicht dumm ist, stellt sich die Frage, warum er überhaupt hier ist. Vielleicht als Vertretung für die eigentliche 36?

    R O L L E N S P I E L:

    Nach der richtigen Zeit - also der, welche der Junge nannte, nicht jener, welche Tiam trotzig anführte - und seine Uhr stimmt damit genau überein, tritt einer der Jugen an ihn heran und liest auf seinem Datenpad etwas ab und laut vor. Er sieht Tiam nicht ab, sondern trägt alles monoton vor, so als wäre eine automatische Stimme. Tiam wird klar, dass die Jungs nicht wirklich gut mit anderen Menschen klarkommen. Das macht einige der folgenden Worte besonders ironisch.

    Tiam Torabi, Agent des Großwesirs und angeblicher Reporter der Stiftung Persuna, von Aszanah und dem Flüstern von Hashnak angeworben, zu sehr von sich überzeugt und mit deutlichen sozialen Störungen, wird dazu abgeordnet, seinen niederen Trieben nachzugeben, um eine Reportage über die Wünsche von Aszanah und dem Flüstern von Hashnak anzufertigen. Dabei ist das Subjekt genau zu beobachten, wie es in materiellen Wünschen aufgeht und sich in ketzerische Triebe verläuft. Den letzten Satz nicht laut vorlesen , , ,

    R O L L E N S P I E L:

    Er hält inne, blinzelt Tiam müde an, zuckt mit den Schultern und wendet sich zum Gehen.

  • Du bleibst hier, Früchtchen! Ich habe keine sozialen Störungen, aber ich muss auch nicht jedem mein wahres Gesicht zeigen, oder?! Angeblicher Reporter ist schon mal völlig falsch - ich bin Reporter, die Schreckschraube vom Empfang hat mich nur nicht zum Chef vorgelassen! Das Weltnetz ist voll mit meinen Artikeln, auch wenn ich zumeist unter einem klangvollen Pseudonym schreibe.


    In materiellen Wünschen habe ich seit meiner Ankunft auch nicht geschwelgt. Schön wäre es gewesen, stattdessen wurde ich von unhöflichen Zeitgenossen geplagt! Weißt du, was ich mir kaufen würde, wäre ich reich? Kein dickes Auto mit Glitzerfunkelfelgen, kein Haus mit Schwimmbad, sondern einen Helikopter! Damit ich problemlos überall hingelangen könnte, wo es mir gefällt. Für einen Reporter wäre das ein Traum, denn natürlich würde ich weiterschreiben. Außerdem entspannen mich die Rotorengeräusche.


    R O L L E N S P I E L:

    Er klopft mit dem Finger auf die anstößigen Hefte.


    Ehrlich, Junge! Von niederen Trieben kann wohl kaum eine Rede sein, die hier wurden in eurem Auftrag dort hingelegt, ich habe sie nicht bestellt und nicht mal reingesehen. Fromme Religionsausübung in den Tempeln werdet ihr ja wohl hoffentlich nicht als etwas anderes interpretieren, als die harmonische Ausübung ehrwürdiger futunischer Traditionen und gelebte Moral. Was bitte ist daran ketzerisch? Das ist eine sehr harte Anschuldigung, die du hoffentlich begründen kannst.


    Du hockst hier mit deinen Brüdern in diesem merkwürdigen Raum, benimmst dich puppenhaft, hast keine meiner Fragen beantwortet, aber wirfst mir Gestörtheit vor! Ich bin futunischer als ihr drei zusammen! Ehrlich, und das meine ich nicht als Angriff, ihr wirkt auf mich, als würdet ihr Hilfe benötigen. Jungs in eurem Alter müssen raus an die Sonne, ans Meer und unter Leute.


    Noch mal von vorn, diesmal ohne Gezeter: Möchtet ihr mir vielleicht verraten, was genau ihr hier macht und warum mir die Nummer 36b zugewiesen wurde?


    R O L L E N S P I E L:

    Auch wenn sein Auftreten sicher und seine Worte rhetorisch brauchbar erscheinen mögen - die schiere Menge verrät Tiams Angespanntheit und seinen verzweifelten Versuch, die abstruse Konversation mit dem Drilling in eine brauchbare Richtung zu drehen. Für einen Moment hatte es sich so angehört, als würde ihn irgendwer dazu bringen wollen, sich in derart fatalen Fehltritten zu ergehen, dass er allen Ernstes als Ketzer verurteilt werden könnte. Aber wer sollte ihm so etwas antun wollen - und warum?

  • R O L L E N S P I E L:

    Ungeachtet seiner Forderungen läuft der Junge davon und zu seinen Brüdern. Der eine nimmt ihn sofort auf seinen Schoß, wobei der Fliehende ihm die Arme und Beine fast schraubstockartig um den Körper legt, während der andere ihm beruhigend über seinen zitternden Körper streicht und einen Kuss auf die Wange presst. Es wirkt fast verboten intim, auch wenn es sich im Grenzbereich der Rechtsprechung befindet. Bei verschiedentgeschlechtlichen Geschwistern, vor allem bei Zwillingen, stände das Wesirat für Kultur schon längst im Zimmer. Der Dritte von ihn fährt dem Geflohenen beruhigend durch die Haare und wirft Tiam einen bösen Blick zu, während er ihn mit der anderen Hand Richtung Fahrstuhl zu scheuchen sucht. Dieser öffnet sich in jenem Moment wieder und der Sicherheitsmann von vorhin tritt heraus. Er sieht auf Tiam herab. Niemand hat seinen Worten auch nur irgendeine große Beachtung geschenkt, von der Panikreaktion einmal abgesehn.

  • R O L L E N S P I E L:

    Man mag es nicht glauben, aber nun tut Tiam sein Mundwerk leid. Dass der Kleine so schreckhaft sein würde, hätte er nicht erwartet. Zwar ist Tiam eine fürchterlich anstrengende Person, aber kein Psychopath. Bei der Nähe der drei Brüder fragt er sich, ob sie je eine andere Bezugsperson hatten außer einander. Die Zärtlichkeit wirkt auf ihn nicht verboten, sondern verzweifelt, so als würden sie Eltern suchen und nachahmen. Mit einem Seitenblick zum Sicherheitsmann sagt Tiam:


    Du musst warten, Großer.


    R O L L E N S P I E L:

    Und geht zu den Drillingen, nicht in seinem üblichen selbstherrlichen Marsch, sondern in normaler Gangart. In gebührendem Abstand bleibt er stehen und beugt sich ein wenig zu dem zitternden Bündel hinab, wie man das tut, wenn man mit einem Kind spricht. Viel leiser, langsamer und freundlicher als sonst, sagt er:


    Hey, Kleiner. Du brauchst vor mir keine Angst haben. Ich bin nur ein bisschen neugierig und ein bisschen laut, hm?


    R O L L E N S P I E L:

    Man hört ihm nun vielleicht an, dass er eigentlich einen Hauptberuf hat, bei dem er Menschen in schwierigen Lebenslagen hilft, denn im Gegensatz zu vorher strahlt er nun professionelle Ruhe und Sicherheit aus. Tiam kann durchaus anders, wenn er will. Allerdings scheitert es meist genau daran.

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