Kampagne: Den besten Kraken sieht man nicht - Danyal Khaye

  • R O L L E N S P I E L:

    Der Wagen stoppt und die Tür von Danyal wird geöffnet. Eine sorgfältig gepflegte Hand macht eine Bewegung, welche zum Aussteigen einlädt. Dann erklingt eine Stimme, die von Selbstvertrauen und Kommando so eingefärbt ist, dass sie wohlbekannt ist. Meistens von irgendwelchen Nachrichten und Dokumentationen.

    Dein Flugzeug startet noch ohne dich, wenn du hier noch weiter verweilst, Danyal Khaje. Außer natürlich du willst das mit deiner neuen Position nicht so ernst nehmen. Ich habe zwar scheinbar auch eine freie Stelle, aber du bist für diese nicht geeignet.


    R O L L E N S P I E L:

    Bei diesen Worten ist Thar in seinen Bewegungen eingefroren. Und das obwohl außer Flugzeug und Mann niemand neben dem Fahrzeug steht.


    Behalte besser das Geschenk deines Freundes, der sonst sehr enttäuscht von dir wäre. Egal ob er je davon erfährt oder nicht. Aber du würdest es wissen und ich auch. Und das wäre doch fatal. Solche Gewissensbisse lenken nur von der Arbeit ab. Keine Sorge, deine kleinen Gedankenspiele werde ich von Lya fernhalten. Und das ganz ohne eine Gegenleistung. Solche Geschäfte binden immer in alle Richtungen.


    R O L L E N S P I E L:

    Wenn Danyal nun aussteigt, trifft er eine ältere Version des Großwesirs an, weniger breit und muskulös als Jaavid Gried, dafür jedoch größer und drahtiger mit einer seltsamen Katzenhaftigkeit in Bewegung und Schritt. Die dunklen Haare gehen bereits etwas in Silber über. Der Shaikh von Alegon trägt einen maßgeschneiderten Anzug und stabile gut gearbeitete Schuhe. Aus irgendeinem Grund wirkt er dabei jedoch wie ein Parshan in Uniform und zwar von der Sorte, welche der Truppe die idealen Bewegungen präsentieren.

    Der Shaikh schenkt ihm ein kurzen Blick, so als würde er Danyal auf Mark und Bein durchleuchten und lächelt dann. Es ist kein sehr freundliches Lächeln, eher von der Marke Selbstzufriedenheit als Anerkennung.


    Ich werde den Flug bis Diyarasu begleiten. Du wirst ein interessanter Gesprächspartner sein. Nicht wahr?

  • R O L L E N S P I E L:

    Für einen Augenblick gefriert Danyal genau so wie Thar. Dann folgt er zügig dem Befehl, steigt aus, nimmt Haltung an und drischt die Faust auf sein Herz. Er bellt:


    Ehrwürdiger Shaik von Alegon, Faantir Gried! Parshan Danyal Khaje, Agent des ehrwürdigen Großwesirs!


    R O L L E N S P I E L:

    Als Faantir Gried ihm bis auf die Knochen zu schauen scheint, schießt ihm das Blut in den Kopf. Vergebens versucht er, nichts mehr zu denken und sich nicht zu fragen, welche peinlichen Gedankenspiele bezüglich des Großwesirs der Shaik meinen könnte, die ihm vielleicht durch den Kopf gespukt sind, ehe er darauf kommt, dass Faantir Gried die Sache mit dem Namen meint.


    Thar Hanum hat nur gut von dir gesprochen, ehrwürdiger Shaik! An seiner Loyalität zu dir besteht kein Zweifel. Ich bin sicher, die Information wäre falsch oder belanglos gewesen. Er ist ein guter Mann. Wahrscheinlich wollte er testen, wie ich reagiere.


    R O L L E N S P I E L:

    Reflexartig springt Danyal für den Kameraden in die Bresche, ungeachtet der Aussichtslosigkeit. Er kann nicht anders, er will nicht anders, er ist in diesem Moment nicht Agent, sondern Parshan. Ob er das Flugzeug verpasst, ist gleichgültig, ebenso, ob er den Zorn der beiden mächtigsten Männer Futunas auf sich zieht. Wenn er Thar retten kann, nimmt er all das in Kauf. Jegliche sonstigen Gedanken verblassen vor diesem unbedingten Willen.


    Präsent bleibt daneben einzig die leise Vorstellung von Tiams schadenfrohem Feixen, weil Danyal nun die Zeche dafür zahlt, dass er die Uhr verschenken wollte.

  • R O L L E N S P I E L:

    Ohne auf den Agenten großartig zu achten schreitet der Shaikh weiter zum Flugzeug und steigt hinauf, um hineinzugehen. Er geht ohne offensichtliche Geschwindigkeit oder Langsamkeit, so wie ein Geschäftsmann, der sich einfach nur normal in ein Flugzeug begibt. Die Sonne steigt und die Hitze der äußeren Tropen mit ihr.

  • R O L L E N S P I E L:

    Danyal sieht dem Shaik kurz hinterher, dann fährt er herum zu Thar. Alles, was dem Kameraden bleibt, ist zu hoffen, dass es nicht das Schlimmste der möglichen Szenarien ist, das auf ihn zu walzt, sondern nur das Zweitschlimmste.


    Falls du nach Hassakur kommst, halte dich an Ghazi!


    R O L L E N S P I E L:

    Danyal weiß, dass sein ehemaliger Nahkampfausbilder bisher nicht umgekommen ist. Wer so lange in Hassakur durchhält und Nachrichten nach draußen schmuggeln kann, ist nicht ohne Grund noch am Leben. Er ist alt und erfahren, zäh und egoistisch, durchtrieben und manchmal charmant. All das nützt. Ghazi wird seine Fähigkeiten inzwischen zur Perfektion gebracht haben. Wenn einer noch Thar helfen kann, dann er, sofern ihre Wege sich kreuzen.


    Mögen die Götter über deine Sicherheit wachen, Thar Hanum.


    R O L L E N S P I E L:

    Niemand anderes wird es mehr tun. Ein letzter Blick, dann muss Danyal dem Shaik folgen.


    Äußerlich gefasst steigt er hinter ihm in das Flugzeug und schaut, wo er sich hinsetzen soll. Innerlich geht es ihm kurz nicht gut, doch er funktioniert, macht seine Aufgabe, während ein Gefühl der Leere sich an der Stelle ausbreitet, wo das kurze Unwohlsein saß.

  • R O L L E N S P I E L:

    Dafür, dass es eigentlich ein normales Passagierflugzeug ist, sind die Reihen radikal leer bis auf den Platz, welchen der Shaikh eingenommen hat, und eine Stewardess, welche angespannt ins Leere starrt, bevor sie die Tür schließt. Faantir Gried winkt Danyal heran.

    Setz dich. Schnall dich an. Erzähl mir über deine Vorstellungen bei deinem Auftrag. Oder erzähl mir von deinem Auftrag. Oder allgemein von deinen Vorstellungen. Wir haben fast zwei Stunden Flugzeit bis Diyarasu und arbeiten werde ich dort noch genug. Und du hast hinterher noch einen Flug über Hatha nach Lehim vor dir.

  • R O L L E N S P I E L:

    Beim Hinsetzen achtet Danyal darauf, nicht versehentlich den Arm des Shaiks von Alegon zu berühren. Beim Anschnallen stellt er fest, dass seine Motorik zuverlässig funktioniert und seine Hände nicht zittern. Immerhin, sein Körper reagiert zuverlässig. Seine Sinne sind ebenfalls hellwach, so dass ihm beim Zuhören sofort auffällt, dass Faantir Gried nach seinen Vorstellungen fragt und nicht nach den tatsächlichen Inhalten. Das gibt Danyal die Möglichkeit, zu reden.


    Die Details müssen sich vor Ort ergeben, weshalb ich mit offener Erwartungshaltung herangehe. Es gibt noch zu viele unsichere Parameter. Ich erwarte nichts, hoffe aber natürlich auf dies und das, vor allem auf einen erfolgreichen Dienst, auf das Sammeln von Referenzen und Erfahrungen ... ich bin jung, komme gerade von der Grundausbildung, sie sind entsprechend dürftig.

  • Und wie wird sich das auf die wirtschaftliche Situation in Lehim und in der Hegemonie allgemein auswirken? Kann die Stiftung mit der Erschließung der Fischgründe in Lehim rechnen oder den Spezialitäten für Pilger und Feste? Kann die Wildnis in Lehim für die Pilgerfahrten genutzt werden? Wie würdest du mögliche Investitionen der Privatwirtschaft in den Militärapparat in Tzaris verteilen?

  • R O L L E N S P I E L:

    Die Pause verrät, dass Danyal von den Fragen überrumpelt ist und seine Gedanken sortieren muss. Er hat mit allen möglichen Fragen gerechnet, aber nicht mit solchen zur Wirtschaft.


    Ich bin Parshan, ehrwürdiger Shaik. Meine Gedanken zur wirtschaftlichen Lage sind unqualifiziert. Trotzdem möchte ich versuchen, deine Fragen zu beantworten, so weit ich das vermag.


    Wovon die Erschließung der Fischgründe in Lehim für die Stiftung abhängt, weiß ich nicht. Aber Lehim ist bekannt für seine Küche, ich gehe also davon aus, dass für Pilger und bei Festen trotzdem ausreichend lokale Spezialitäten zur Verfügung stehen. Zumindest erzählte mir jemand, der dort im Urlaub war, dass das Essen dort gut und reichhaltig sei.


    Der Süden der Insel ist ein Naturreservat, der Norden nicht. Zumindest im Norden sind also Pilgerfahrten unter Einhaltung der üblichen Verhaltensregeln in der Natur möglich. Da es im Süden einen ausgewiesenen Wanderweg durchs Totalreservat gibt, sollten mit einem Führer zusammen sogar dort Pilgerfahrten möglich sein.


    Falls sich ein privater Investor für Tzaris interessieren würde, sollte der einen Blick auf die Waffenschmieden werfen. Es kommt bisweilen zu Lieferengpässen oder längeren Wartezeiten, angeblich, weil die Erzgruben nicht mehr so viel hergeben. Kurzzeitig kann das kompensiert werden, auf lange Sicht ist das Mist. Ob das mit den leeren Erzlagerstätten stimmt oder ob die Ursachen woanders liegen, weiß ich nicht. Aber ich weiß, dass die Waffenschmieden und der Schiffbau, generell die Schwerindustrie für Tzaris das meiste Geld einbringen und dass man deswegen als Investor vermutlich dort ansetzen sollte. Am Ende würden die Einnahmen daraus dem gesamten Militär zugutekommen.

  • Interessant. Tiamat ist also der Aufgabe nicht mehr gewachsen? Wenn als Tiamat-Tzaris wegbricht und Tiamat-Mashin von Aszanah angegriffen wird, bleibt nur noch Tiamat-Harash als wichtiges Standbein. Würdest du also sagen, dass Tiamat allgemein wirtschaftlich schwächelt und seinen Aufgaben als Hauptproduzent von Militärgerät und Waffen nicht mehr nachkommen kann? Dass der wichtigste Industrieproduzent am Abgrund steht? Schwerindustrie und Schiffbau sind ja faktisch die Schwerpunkte von Tiamat. Das sind auf jeden Fall Dinge, die ich mit dem Hohen Rat besprechen muss, wenn die an sich mächtigste Fraktion der Hegemonie vor dem Scheitern steht. Da wirst du dann deine Aussagen wiederholen müssen und wir werden natürlich weitere Berichte und Zeugen anführen.

  • R O L L E N S P I E L:

    Danyals Einbildung, dass es für ihn gut sei, die Fragen zu beantworten, so lange er dabei keine Interna seines Auftrags ausplaudert, verpufft. Ernüchterung stellt sich ein. Egal, was er sagt, es wird dazu verwendet werden, eine Galgenschlinge für ihn zu knüpfen. Er beschließt, fortan so unverbindlich und nichtssagend wie möglich zu antworten.


    Mir fehlt jegliche Expertise, ich bin nur ein Parshan. Meine Worte sind nichts als Stammtischgewäsch. Der Hohe Rat könnte ebenso gut irgendeinen Penner befragen.


    R O L L E N S P I E L:

    Ob ihm das Einsehen noch hilft, bleibt fraglich. Was für ein beschissener Flug. Der Shaik wird die zwei Stunden nutzen, um Danyal auszupressen wie eine Zitrone und ein Arsenal von gegen ihn verwendbaren Aussagen zu sammeln. Verstimmt schaut Danyal auf seine Uhr, deren Display immer noch in peinlichem Lavendel erscheint. Seit seinem letzten Blick darauf sind gerade einmal drei Minuten vergangen.


    Am besten, ich sage gar nichts mehr.


    R O L L E N S P I E L:

    Er legt beide Hände in den Schoß, damit der Shaik die Armlehne für sich allein hat und sich nicht auch noch wegen einer eventuellen versehentlichen Ellbogenberührung sexuell belästigt fühlt. Dann setzt Danyal sich gerade hin und starrt ausdruckslos vor sich hin, während sein schwarzer Ärmel wieder über die Uhr rutscht.


    Zeitgleich versucht er, an überhaupt nichts zu denken, da er das Gefühl nicht loswird, dass Faantir Gried irgendeine Möglichkeit hat, seine Gedanken zu lesen. Also versucht Danyal, die Menüführung seiner Uhr im Kopf wiederzugeben, damit sein Geist etwas Unverfängliches zu tun bekommt.

  • R O L L E N S P I E L:

    Der Shaikh klopft Danyal auf den Arm und ein amüsiertes Lächeln umspielt seine Lippen - vielleicht aus Mitleid und wie alle Emotionen nur gespielt.

    Keine Panik, ich habe keine Berührungsängste nach Jahren mit dem Kontakt nach außen. Du kannst dich also nach Belieben ausbreiten. Außerdem werde ich sicher nicht auf Grund der Aussagen eines einzelnen Parshans den Hohen Rat belästigen. Aber meine Fragen solltest du dennoch ernst nehmen. Mein Interesse ist eine gesunde Wirtschaft. Und ein weiterer Punkt zur Beachtung: Das Wort jedes einzelnen Blutgeborenen wiegt gleichviel, wenn dich jemand fragen sollte. Also ist das Wort eines "Penners" genau soviel wert wie das Wort der Mahdia. Hüte dich davor, das also als Ausrede zu gebrauchen.


    R O L L E N S P I E L:

    Er lehnt sich in seinen Sitz zurück als die Maschine mit dem Start beginnt.

    Wie gesagt, mir geht es um eine gesunde Wirtschaft und wenn es dort Engpässe gibt, so ist das ein guter Ansatz. Fehler sind nicht da, um sie zu ignorieren. Die Hegemonie kann sich das nicht leisten, wenn sie sowieso schon solche Ungleichheiten in ihren Teilgebieten hat. Deine Aufgabe, Agent, ist die Behebung politischer Probleme. Soweit es mich betrifft, berühren sich unsere Aufgaben kaum. Mein Bruder kann mich direkt erreichen, wenn das anders wäre. Wenn du mir dennoch helfen willst, schau dir das Wirtschaftsleben in Lehim an. Sprich mit den Leuten, schau, wie es ihnen geht. Sind sie erfolgreich oder gibt es Probleme; all das ist interessant für mich. Lehim ist einer der drei wichtigsten Pfeiler in der Hegemonie zusammen mit Khadesh und Futuna. Und es ist uns so fern, dass wir vielleicht zu spät helfen können, weil sie uns nicht wirklich trauen; egal wie schlau das sein mag, so schlecht ist es für sie und die Hegemonie im Ernstfall.

  • R O L L E N S P I E L:

    Danyals Augen drehen sich in Richtung des Shaiks, als dieser jovial seinen Arm tätschelt, und er fragt sich, ob Faantir Gried ihn veralbert. Vermutlich, aber es verfehlt seine Wirkung nicht - Danyal entspannt sich spontan und macht es sich bequem, lehnt sich zurück und fließt breit. Er ist erbärmlich leicht zu beeinflussen, stellt er fest, aber was will er machen. Jeder hat seine Schwächen und es gibt schlimmere für einen Parshan.


    Verstehe. Solche Probleme müssen frühzeitig erkannt werden.


    Wie wäre es mit einem Handel? Du bekommst von mir einen Bericht über das Wirtschaftsleben in Lehim, der sich sehen lassen kann. Meine Ermittlungen werden so gründlich sein, dass deinen Wirtschaftsanalytikern die Freudentränen in die Augen steigen. Ich werde die Sache so angehen, als sei ich mit zwei Aufträgen in Lehim unterwegs und werde deinen genau so gewissenhaft bearbeiten wie den deines Bruders.


    Auf ein Honorar oder sonstige Gefälligkeiten verzichte ich dabei. Ich will nichts haben und arbeite kostenlos. Lediglich eine einzige Bitte habe ich dafür an dich. Lass Milde walten bei der Aburteilung von Thar Hanum. Wenn du ihn für untragbar befindest, entlasse ihn aus deinen Diensten, degradiere ihn meinetwegen, wenn du das für angemessen hältst, aber lass ihn nicht verunfallen oder in Zwangsarbeit enden.


    Sicher mag er ein Schlitzohr sein, die Eigenschaft braucht er in seiner Position, in ihm steckt aber auch viel Potenzial, das der Gesellschaft und dir persönlich nützen kann. Es würden am Ende alle etwas davon haben. Thar stünde bis zum Hals in deiner Schuld, was für dich sehr praktisch wäre. Das ist bei den meisten ein guter Antrieb für alle möglichen Aufgaben, denn eine dritte Chance wird es nicht geben und Thar weiß das. Zudem bekommst du von mir eine hervorragende Analyse, noch dazu gratis und ohne jedes Risiko, da es mir nicht um Geld geht, sondern um einen Kameraden, den ich in die Scheiße geritten habe und wieder herausziehen möchte.


    Zu verlieren hättest du nichts, da ich in der Position des Bittstellers an dich herantrete, aber einiges zu gewinnen.

  • Ich sagte doch: Keine Geschäfte und keine Bedingungen. Ich werde mir von dir keine Vorgaben machen lassen, wie ich mit meinen Angestellten umgehe. Die Implikation mit den Unfällen ist beunruhigend, da du damit unterstellst, ich würde die Blutgesetze missachten. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Leben zu verschwenden ist nur das Ziel der Verantworlichen hinter Saredash und mit Sicherheit nicht der regulären Fraktionen. Du kannst zudem nicht liefern, was du versprichst, weil der Zeitrahmen deines Auftrages wohl kaum eine solche Fleißarbeit zulässt. Du sollst eine Expedition in ein Naturreservat begleiten und nebenbei nach terroristischen Verbindungen Ausschau halten. Wann willst du da noch Gespräche führen, um subtil die wirtschaftliche Situation zu analysieren? Im Schlaf? Das ist wohl kaum gesund für dich und damit eine Verschwendung von Zeit, welche mein Bruder in dich investiert hat.


    R O L L E N S P I E L:

    Sein Tonfall ändert sich nicht und er schaut Danyal nicht an; er wirkt extremst gelangweilt.

    Wenn du nebenbei ein paar Dinge entdeckst, dann erwähne sie in deinem Bericht an meinen Bruder hinterher. Wenn sie wichtig genug sind, erfahre ich schon irgendwann davon. Hüte dich vor Hochmut zu glauben, du würdest allein solche Aufgaben bewerkstelligen können. Stolz ist eine gute Eigenschaft, aber nur wenn man sie und sich selbst auch zu beherrschen weiß. Konzentriere dich auch deine Aufgaben und lerne deine neue Rolle. Manchmal fallen einem dann Einzelheiten auf, die man sonst wegen Übereifer übersehen hätte und kann so viel eher Erkenntnisse gewinnen als durch falschen Ehrgeiz.


    Warum du glaubst, dass jeder bei Fehlern sofort entrechtet oder umgebracht wird, ist mir ein Rätsel und ist mit Sicherheit auch ein Problem. Das ist mit Sicherheit nicht der Fall. Um etwa in Hassakur zu landen, müsstest du schon jemanden aus niederen Motiven umbringen, also nicht im Affekt oder durch einen eindeutigen Unfall. Und niemand Normales mordet aus Lust und Laune heraus Menschen. Schon gar nicht, wenn einem das Leben heilig ist. Für niedere Vergehen gibt es begrenzte andere Arbeiten. Das ist Sache des Wesirats für Kultur. Für Angestellte von Unternehmen und Fraktionen gibt es Abmahnungen, Versetzungen und Entlassungen; also wohl kaum etwas, womit man auch nur ansatzweise den Tatbestand der Ketzerei berühren würde.

  • R O L L E N S P I E L:

    Danyal hütet sich, mit dem Shaik über die Auslegung seiner Worte zu diskutieren. Ein Vorgesetzter hat prinzipiell recht und dieser besonders. So sagt er nur sein übliches, durchaus entschlossenes und allumfassendes:


    Ja.


    R O L L E N S P I E L:

    Die Dinge lässt er unangefochten im Raum stehen. Der Shaik weiß selbst, aus welchen Gründen jemand auf den Gedanken kommen könnte, dass Thar Hanum nach seinem Fehltritt einem unglücklichen Ende entgegensehen würde. Wenn Faantir Gried nicht will, dass Danyal die Existenz möglicher Argumente zur Kenntnis nimmt, tut er das nicht. Danyal blinzelt und löscht sich selbst gedanklich aus.


    Ich werde es so handhaben, wie du verlangst, ehrwürdiger Shaik. Du wirst die gewünschten Informationen erhalten.


    R O L L E N S P I E L:

    Was nun neben dem Shaik sitzt, ist ein noch nicht fertig geschliffenes, aber hochfunktionales Werkzeug. Wie hat Tiam einst gesagt? "Manchmal frage ich mich, ob in deiner Brust überhaupt ein Herz schlägt oder doch nur eine Pumpe aus Fleisch." Oft weiß Danyal das selbst nicht, doch welche Version er bevorzugt, liegt auf der Hand. Gewissensbisse und Trauer sind keine angenehmen Zustände.


    Befreit von der Last der Verantwortung, fühlt er sich durchaus gut, als er vor sich hinstarrt und auf die Geräusche der Maschine lauscht.

  • Ich höre dir zu, Faantir. Alle Hörzellen sind auf dich gerichtet. Aber es mag sein, dass ich dich trotzdem falsch verstanden habe.


    R O L L E N S P I E L:

    Was für Danyal keine ungewöhnliche Situation ist et vice versa für seine Gesprächspartner nicht.


    Willst du richtigstellen, was ich falsch verstanden habe? Ansonsten ... ja, ich unterhalte dich auch gern, indem ich dir etwas erzähle, obwohl die meisten mich eher für langweilig halten. Wofür interessierst du dich?

  • Mein Unverständnis scheint sich demnach auf ein isoliertes Segment im Gespräch zu erstrecken, wenn ich den Rest korrekt erfasst habe.


    R O L L E N S P I E L:

    Emotionen sind diesmal nicht das Problem, denn weder hat der Shaik welche gezeigt, noch hat er darüber gesprochen. Das Missverständnis muss im semantischen Bereich zu finden sein.


    Wer mit einer Bitte an jemanden herantritt, muss mit Ablehnung rechnen. Meine war, zugegeben, dreist, doch im Namen der Kameradschaft sind die meisten Parshans weniger umsichtig, als wenn es um sie selbst geht. Dabei habe ich eine unhöfliche und unverschämte Implikation angedeutet, so dass es nur recht ist, dass meiner Bitte nicht stattgegeben wurde. Das akzeptiere ich und komme deinem Wunsch nach Informationen selbstverständlich trotzdem nach.


    R O L L E N S P I E L:

    Plötzlich meint er, die Stelle identifiziert zu haben. Wenn er richtig liegt, ist tatsächlich doch wieder die Fehldeutung einer Emotion das Problem.


    Deinen Blick hatte ich als gelangweilt gedeutet. Daraus habe ich geschlussfolgert, der ganze Themenkomplex sei abgehakt und habe darauf gewartet, dass du das neue Thema vorgeben würdest, eines, dass eher dein Interessengebiet trifft. War diese Schlussfolgerung falsch?


    R O L L E N S P I E L:

    Da den Shaik aber auf jeden Fall die Angelegenheiten in Tzaris interessiert hatten, greift Danyal dieses Thema noch einmal auf, obwohl er eigentlich dazu schweigen wollte.


    Ich kann, was die Wirtschaft in Tzaris betrifft, wie gesagt, nur aus Laiensicht sprechen. Manche Ausrüstungsgegenstände sind mir und anderen zum Beispiel mit Verzögerung ausgegeben worden, anderes Zubehör erst nach erfolgreicher Ausbildung. Manchmal kommt es vor, dass die Rekruten den Umgang mit der alten Ausrüstung lernen, aber nach Abschluss der Ausbildung in der aktiven Abteilung mit der neuen zurechtkommen müssen. Es funktioniert trotzdem, aber die Dinge könnten effizienter laufen, würde man herausfinden, woran diese Probleme liegen und sie abstellen. Manche von uns meinen, wie gesagt, die Erzlagerstätten würden zur Neige gehen, aber vielleicht sind es auch nur logistische Fehler.


    R O L L E N S P I E L:

    Er überlegt, was er dem Shaik noch erzählen könnte. Tiam hätte es leichter, der würde den Mann nun voller Verzückung für den Rest des Fluges mit dem yanthischen Verständnis von Uhren beglücken, eine zweistündige Dauerwerbung.


    Wir hatten uns außerdem mal gefragt, ob es mit der Heiligkeit des Lebens vereinbar sei, fleischfressende Pflanzen zur Insektenabwehr in der Wohnung zu kultivieren, auf der Fensterbank der Küche zum Beispiel. Was ist, wenn ein geschütztes Insekt da hineingerät? Schicksal der Natur? Darf man Carnivoren überhaupt gezielt vermehren, nicht nur in der Pflanzenwelt, sondern auch in der Tierwelt, wo man damit doch bewusst die Vernichtung von vielen Leben zum Erhalt eines Einzelnen erzwingt?

  • Ich sehe schon, du suchst nur nach Ausreden, deine Agenda unterzubringen, statt zuzugeben, dass du kein bißchen zugehört hast. Wenn ich sage, dass ich keine Informationen von dir zur Wirtschaftslage bekommen will, sondern du sie, wenn überhaupt, im Bericht an meinen Bruder erwähnen kannst, so dass ich dann, wenn er es für wichtig erachtet, Informationen von ihm dazu erhalte, kannst du mir wohl kaum zusichern, dass ich von dir Informationen erhalten werde, denn du wirst nicht darüber bestimmen, was und ob etwas weitergegeben wird. Und nein, Hüter sind nicht direkt deine Kameraden. Sie mögen Parshans sein, aber du wirst wohl kaum eine nachrichtendienstliche Ausbildung eingeschlagen haben.


    R O L L E N S P I E L:

    Ein Schatten der Verägerung fliegt über sein Gesicht, aber der Rest verändert sich nicht, vielleicht spiel er die Emotion auch nur und irgendwie scheint Danyals sonst recht gute Menschenkenntnis ihn im Stich zu lassen.


    Mich wundert, dass es in Tzaris überhaupt noch Erze gibt. Im Kernreich gibt es nur noch vier Gebiete, welche wirtschaftlich rentabel in Hinsicht der Erzförderung sind und Tzaris gehört mit Sicherheit nicht dazu. Der Großteil der Rohstoffe wird importiert, da der Bedarf die Produktion übersteigt. Und was deine Frage nach den Insekten angeht: Das Leben von Menschen steht immer über dem einiger Insekten, die nicht wirklich vom Aussterben bedroht sind, egal wie sehr die Gärten von Thond ihre Legende von aussterbenden Schmetterlingen verbreiten. Es wäre wohl auch kein Problem, wenn das moderne Wohnen des Bundes des Einhorns endlich überall Anwendung finden würde. Allerdings ist die Umrüstung noch aufwendig und teuer, so dass es einige Zeit dauern wird, bis das umweltschonende und gleichzeitig entlastende Leben und Arbeiten auch nur die reichsten Orte der Hegemonie erreicht; von den ärmeren ganz zu schweigen.

  • R O L L E N S P I E L:

    Der Shaik hat scheinbar beschlossen, ihn zur Strafe für seine Anmaßung zwei Stunden lang mit rhetorischen Dolchstichen zu quälen. Danyal erträgt sie in Würde. Was soll er sonst auch tun. Allerdings versteht er nun die Warnung von Xaxai Anwar, sich im Gespräch mit Jaavid Lya Gried zu beeilen, da er sonst noch dessen Bruder, dem Schreckgespenst, begegnen würde.


    Ich denke, jetzt habe ich deinen Wunsch korrekt erfasst. Danke für die Klarstellung. Nein, ich habe bisher keine nachrichtendienstliche Ausbildung, sondern nur die Grundausbildung absolviert.


    R O L L E N S P I E L:

    Selbst wenn es nur eine Rolle gewesen sein mag, die Thar Hanum vielleicht sogar bis zur letzten Minute spielte, um Danyal auszuhorchen, gebührt ihm dafür Respekt, denn es ist ihm gelungen, den neuen Agenten dazu zu bringen, ihn zu mögen und sich vor einem übermächtigen Mann für ihn zu engagieren. Sofern es sich nicht um Zufall handelt, hat Thar damit eine von Danyals problematischeren Schwächen in kürzester Zeit ermittelt und für sich nutzbar gemacht. Auch jetzt ist es Danyal nicht möglich, ihn gedanklich von der Liste seiner Kameraden zu streichen, Hüter hin oder her.


    Faantir Gried würde sich keinen Gefallen damit tun, auf die Dienste dieses fähigen Parshans zu verzichten. Andererseits ... Thar Hanum ist für den Geschmack des Shaiks vielleicht sogar zu gut, so dass der schon länger nach einem Vorwand sucht, ihn loszuwerden.


    Also ist die ungewöhnliche Uniform, die Thar Hanum trägt, die der Hüter der Stiftung Persuna.


    R O L L E N S P I E L:

    So resümiert er und folgt dann dem Thema zur Wirtschaft von Tzaris.


    Scheinbar stimmen die Gerüchte, die Lagerstätten sind erschöpft und vielleicht gibt es Probleme beim Import von Erzen, so dass die Produktion verlangsamt wird? Das ist nicht gut, wenn unsere Ausrüstung im internationalen Vergleich auf dem Niveau bleiben soll, das sie momentan vorzuweisen hat. In manchen Bereichen kann man vielleicht auf Kunststoffverbindungen umsteigen, Aramidfasern und so, um sich davon unabhängig zu machen? Können wir so was selber produzieren?


    Wegen der Fleischfressenden Pflanzen haben wir auch in der Weise argumentiert, aber die Kameradinnen wollten uns die Aussicht mit einem Fliegennetz vor dem Fenster verderben. Eine gute Aussicht trägt zum Wohlbefinden der Blutgeborenen bei, genau wie hübsche Pflanzen, also sind Carnivoren zur Insektenabwehr in Wohn- und Arbeitsbereichen legitim.


    R O L L E N S P I E L:

    Nun haben sie den Segen dafür von oberster Stelle. Jetzt müssen sie sich nur noch abgewöhnen, die Pflanzen mit allem möglichen Unsinn zu füttern, um zu sehen, was passiert.

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