Ein Schiff nähert sich der Hegemonie. Schön langsam, so dass die dortigen Behörden dessen Ungefährlichkeit sogleich erkennen. In der Art, in der es sich nähert, aber auch an dem großen, aufgemalten Auge am Bug, erkennt man, es muss sich um ein ladinisches Schiff handeln. Fortwährend funkt man dort um die Erlaubnis anzulanden.
Nachdem man das Schiff bereits seit geraumer Zeit auf digitalen Wetterkarten erspäht hatte, wundert man sich über das dauerhafte Anfunken. War das in Ladinien üblich, weil die Technik dort so schlecht war, dass nur wiederholtes Senden zum Erfolg führte?
"Hier Sakira Daman aus Harash, wir haben sie verst-"
Durch das wiederholte Anfunken wird natürlich die Sendung unterbrochen, da das Schiff ja eine neue Sendung unternimmt.
"Hier Sakira Daman aus Harash, hören Sie mich-"
Und noch einmal.
"Könnten Sie kurz mit dem Senden aufhör-"
Ihre Geduld ist am Ende.
"Stop, Empfang halten, jetzt!"
Die Frau am Funk atmet kurz durch, dann meint sie mit aufgesetzer Fröhlichkeit.
"Willkommen in der futunischen Hegemonie, wie kann ich Ihnen weiterhelfen, ladinischer Frachter?"
Die Stimme der Frau wirkt ein wenig seltsam, so als müsse sie ganz angestrengt nachdenken und spekulieren.
"Grundsätzlich dürfen Gäste aus Ladinien auch das futunische Festland bereisen, daher sehe ich wohl keine Probleme. Allerdings sollte Ihnen klar sein, dass die meisten Bibliotheken voll mit gefälschten Schriften und Ausstellungsstücken sind und Sie die Wahrheit selbst herausfinden müssen, wenn diese denn erkennbar ist. Wenn Sie - so theoretisch - einen Ihrer Kaiser dabei hätten, könnte sich die Akademie von Persuna sicher überzeugen lassen, ihn auch in die Bibliotheken der Akademie zu lassen, wo die Chance darauf, dass nicht ausnahmslos alle Schriften verfälscht wurden, exponentiell höher ist. Aber letztendlich liegt diese Entscheidung bei der Akademie oder den betreffenden Teilstaaten selbst."
"Shirakh, werter Shaikh, das Sha'nat Futuna heißt Euch willkommen. Wenn Ihr es wünscht, werde ich eine entsprechende Anfrage an die Akademie weiterleiten."
Der Tonfall ist weiterhin sachlich, aber frei von der gestellten Anstrengung.
"Gibt es sonst noch etwas, dass wir für Euch tun können? Wünscht Ihr ein privates Quartier für Gäste Eures Ranges? Gibt es Amtspersonen, die Ihr zu treffen wünscht?"
"Wünscht Ihr in Persuna unterzukommen oder außerhalb der Stadt in einem gehobeneren Quartier? Ein Sufi wird sich sicherlich finden lassen, vielleicht auch ein Vertreter der Akademie. Gibt es eine offizielle diplomatische Komponente oder soll es eher ein informelles Gespräch mit dem Vertreter des Wesirats werden?"
"Wie Ihr wünscht. Der Großwesir wird einen entsprechenden Termin einplanen. Verträge werden in der Regel nur mit unsicheren Barbaren nötig."
"Dann genießt die restliche Fahrt nach Persuna. Im Alten Hafen wird Euch dann ein Priester des Ahura Mazda abholen und Euch an den geeigneten Ort bringen. Sollen Speisen, Getränke und ein Bad vorbereitet werden? Oder wünscht Ihr nur eine Dusche und leichtere Kost?"
Einen Augenblick bleibt es ruhig - dann noch weitere Augenblicke, dann meldet sich die Frau wieder.
"Entschuldigt die Wartezeit. Bitte wählt aus zwischen Girin mit Nüssen, Papaya und Safran, Fashar oder Sakhal mit frischen Kräutern und Saucen sowie Wurzelgemüse."
Girin ist Perlhuhn gefüllt, Fashar ist die alegonische Fischsuppe mit Meeresfrüchten meistens lokal anders je nach Fischen und Sakhal ist ein Würzteig.
"Girin. Das ist Perlhuhn. Dann werde wir das zubereiten lassen, so dass es bei Eurer Ankunft bereit ist."
Es ergibt sich der Blick auf den Freihafen Persunas, dem wohl modernsten Teil der Hegemonie, um die Barbaren ordentlich zu blenden. Der Alte Hafen liegt weiter innen im Delta.
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