Kanth: Da würde ja keiner suchen - oder doch?

  • R O L L E N S P I E L:

    Am Abend sitzt Mariza Roozba in ihrem Zimmer und starrt auf ein Datenpad.

    Nachdem sie ihren Vater, bei dem es nur allzu klar war, dass er diese Aufgabe loswerden wollte, im Handumdrehen überzeugt hatte, dass sie sich um alles mit diesem Panir Werreth kümmern werde, hatte ihr Pirooz noch sein Datenpad zugesteckt.


    Vor diesem saß sie jetzt und wie es einfach typisch für ihren Vater war, hatte er alle seine Gespräche und Notizen darauf gelassen, so dass sie nun den kurzen Austausch zwischen ihm und dem Oligarchen über den Fluch, die Anweisungen des Geisterkultes und auch diese Grotten von Themaan vor sich hatte.


    Vermutlich hatte dieser Sarekh die fraglichen Unterlagen weit weg gebracht oder sogar vernichtet. Aber jemand, dem daran gelegen war, einen Fluch am Leben zu erhalten oder zumindestens den Anschein eines solchen, war vielleicht ganz anders gestrickt. Was, wenn derjenige sich den Spaß erlaubt hatte, und die Dokumente waren irgendwo im Institut versteckt? Das würde ja fast zu gut zu dem ganzen Drumherum mit dem Fluch passen.


    Sie greift ihr Datenpad und schreibt ihrem Bruder Dastan:

    "Hast du heute Nacht noch was vor? Sonst komm zum Dachboden."

    "Jetzt noch? Was hast du vor Schwesterchen?"

    "Komm einfach, ich erkläre es dir, wenn du hier bist."

    "Ist ja schon gut, ich werde aber eine halbe Stunde brauchen."

    R O L L E N S P I E L:

    Sie wartet noch eine halbe Stunde in ihrem Zimmer, in der sie immer wieder unruhig auf und ab läuft, dann schleicht sie sich aus ihrem Zimmer. Danach geht es gleich rüber in den mittleren Flügel und dort erst die Treppe nach oben bis zum Dachboden.

    Dort oben gibt es zwischen den Kisten, den alten Virtrinen, Schränken, Dekorationsobjekten und all den anderen Dingen, die irgendjemand als für zu Schade zum Wegwerfen eingestuft hatte, einen kleinen Bereich, den man nur kriechend erreicht, und nur wenn man weiß wie und von wo. Als Kinder hatten sie hier ihre geheime Zentrale, wo sie sich ihre Geschichten ausgedacht haben und sich versteckt hatten, wenn sie der Zuteilung von Hausarbeit durch ihre Mutter entgehen wollten. Sie kontrolliert kurz, ob etwas anderes als Katzenpfoten im Staub zu sehen sind und kann nichts anderes entdecken.

    Ein paar Minuten später schiebt sich ihr Bruder durch die Lücke, zum Glück ist er nicht so massig wie Vaashid, der würde hier vermutlich nicht mehr durchpassen. Oder er hätte es wohl schon nicht mehr durch das Kellerfenster geschafft, dass hinter einem Busch versteckt, am Nordende des Gebäudes immer für die Katzen offen steht.

    Bevor er etwas sagen kann, hält sie ihm das Pad ihres Vaters hin. Dastan liest das Ganze zweimal, dann fragt er:


    Dastan

    Und? Was hab ich damit zu tun?

    Mariza

    Du hast Urlaub, oder?

    Dastan

    Ja, aber ich kann meine Frage gerne wiederholen - was hab ich damit zu tun?

    Mariza

    Als wir als Kinder durch das Institut gestöbert sind, haben wir doch diverse Sachen gefunden, die hinter, unter oder auf irgendwelchen Kisten versteckt waren, was wenn es hier ist?

    R O L L E N S P I E L:

    Dastan schaut sie leicht zweifelnd an.

    Dastan

    Hier? Und ich soll jetzt meinen Urlaub damit verbringen danach zu suchen?

    R O L L E N S P I E L:

    Mariza lächelt ihn an.

    Mariza

    Genau, danke das du es gleich anbietest.

    Dastan

    Mariza ich, ach was solls, aber dafür sind wir mit der Sache mit Mutters Kräutergarten quitt, okay?

    Mariza

    Ja, ist gut, dann sind wir quitt.

    Dastan

    Das ist dir ja wirklich wichtig, gut ich schaue mal, was sich finden lässt.

    Mariza

    Und wenn du was anderes Interessantes findest, kannst du es auch für mich mitnehmen, ich traue diesem Gast nicht, wer weiß, was sonst alles davon verschwindet.

    R O L L E N S P I E L:

    Dastan lacht leise.

    Dastan

    Also alle Kisten in dein Zimmer?

    R O L L E N S P I E L:

    Er bekommt von Mariza nur einen bösen Blick.

    Dastan

    Ist ja schon gut, ist ja schon gut, ich sehe was ich machen kann, ich werde Mutter sagen, dass ich eine Wette gegen dich verloren habe und deswegen damit dran bin, das Gebäude durchzufegen, dann habe ich auch eine Ausrede, warum ich Kisten verschiede und muss nicht so heimlich sein. Und ich kann hier Essen.

    R O L L E N S P I E L:

    Beim letzten hellt sich seine Miene deutlich auf.

    Die Beiden tauschen sich noch ein paar Minuten lang aus, dann kehrt Mariza in ihr Zimmer zurück, während Dastan sich auf den Nachhauseweg macht.

    Ab dem nächsten Morgen taucht er jeden Tag, für die nächsten zwei Wochen, wie versprochen auf, und durchsucht das Gebäude, während er es durchfegt und sich fragt, wie er eigentlich das noch einfach so auf ihren Handel oben drauflegen konnte.


    Er achtet dabei auch darauf, ob es Kisten gibt, deren Versiegelung gebrochen ist, oder die so aussehen, als ob sie zwischenzeitlich geöffnet und wieder verschlossen worden sind.

  • R O L L E N S P I E L:

    Dastan lässt von der Kiste ab, die er gerde verrücken wollte. Klopft sich den Staub von den Händen und mustert die Beiden. Dann spricht er ruhig und freundlich, ohne jeden Ton von Ironie oder Sarkasmus und gibt sich allergrößte Mühe freundlich und leicht dümmlich zu lächeln.

    Also erstens - Masa al'hrem, ich bin Dastan Roozba. Schön euch kennenzulernen, mit wem habe ich das Vergnügen?

    Zweitens - die Kisten gehören ja wohl eindeutig dem Institut und nicht der Akademie. Kann man schon an der Beschriftung sehen.

    Drittens - weiß meine Mutter das ihr im Gebäude herumstromert? Sie mag das nicht sonderlich und mehrere Tage ohne Abendessen ins Bett zugehen ist gar nicht so lustig wie es jetzt noch klingen mag.

    Und zu guter Letzt viertens - ich habe einen Arbeitsoverall an, neben mir stehen Besen, Kehrblech und Handfeger, dort hinten ist noch ein Mülleimer, was werde ich wohl machen? Wenn ihr den Boden hinter euch und hinter mir anschaut, habt ihr noch einen Hinweis.

  • R O L L E N S P I E L:

    Die beiden jungen Männer - sie können nicht älter als 17 sein - sehen sich erstaunlich ähnlich, als wären sie Brüder - unwarscheinlich bei der Altersgleichheit und ähnlich genug für Zwillinge sind sie dann doch nicht - oder Cousins. Beide sind hochgewachsen, schlank und ihr Bartwuchs lässt zu wünschen übrig und wirkt eher wie schlecht gemähtes Gras. Sie blicken den anderen aus hellen grünen Augen staunend an. Dann meint der, welcher schon gesprochen hat.

    Du bist also der Sohn, verstehe. Ich bin Rhan und das ist mein Cousin Nadir. Wir haben auch Essen bei oder genug Mittel, uns woanders einzuquartieren und dort zu essen. Und wenn du es genau wissen willst: Alle Institute und Bildungseinrichtungen gehörten der Akademie und sind von ihr zu betreiben. Entsprechend ist alles in ihnen auch Eigentum der Akademie.

  • R O L L E N S P I E L:

    Dastan lächelt weiterhin freundlich.

    Das ist aber wirklich unhöflich.

    Nunja, da die Akademie seit über dreihundert Jahren keine der Rechnungen zum Erhalt dieses Instituts gezahlt hat, sondern Kanth, müssen sich wohl andere als wir darüber streiten, wem das hier am Ende alles gehört oder wer welche Rechnungen vorher zu zahlen hat.

    Ich werde dann mal mit meiner Arbeit weitermachen und ihr solltet hier nicht weiter herumstreifen, nicht dass ich den Beamten noch zwei unidentifizierte Personen im Gebäude melden muss.

    Aber wenn ihr was nützliches tun wollt, der Rasen muss noch gemäht werden, ich schreibe mal meiner Mutter, dass ihr gleich zu ihr kommt, damit sie euch den Mäher zeigen kann. Und wenn ihr danach gleich die Hecken stutz wäre sicherlich auch keiner böse.

  • Das wäre auch katastrophal wenn die Akademie für ihre Gebäude zahlen müsste, die ihr gehören und bei denen die Staaten für deren Unterhalt herangezogen werden. Zugegeben könntest du argumentieren, dass die Akademie dieses Gebäude scheinbar in der Zwischenzeit im vollen Umfang betrieben hat. Wann jedoch deine Familie aufgehört hat, ihre Loyalität wie angemessen der Akademie als deren Angestellte - wie alle Angestellten in Bildungs- und Forschungsinstituten hegemonieweit - zu schenken, und auf die Stadt umgelegt hat, wird zu untersuchen sein. Da dir die normalen Verhältnisse nicht bekannt waren, wirst du das ja auch kaum wissen.


    R O L L E N S P I E L:

    Nun wieder der erste Sprecher und sein Ton wird deutlich abwertender.


    Du kannst deiner Mutter soviel schreiben wie du willst und gerne auch Beamte rufen. Bitte, nur zu. Kanth will auf jeden Fall gegen die Verträge hinter den Blutgesetzen vorg-


    R O L L E N S P I E L:

    Sein Verwandter unterbricht ihn mit einem Griff nach seinem Arm, den er zum Gestikulieren verwendet. Er wirft ihm einen Blick zu und meint dann an Stelle des ersten Sprecher.


    Hör zu, Mann, es wäre wirklich sinnlos, deswegen jetzt eine Konfrontation herbeizuführen, die keiner Seite etwas nutzt. Klar ist deine Heimat wahrscheinlich dem Willen der Akademie nicht gewachsen, aber auch wir wissen nicht, warum von unserer Seite die Sache schleifen gelassen wurde und so liegt die Schuld nicht allein bei euch. Vielleicht können wir ja zusammen eine Lösung finden, bei der beide Seiten gewinnen. Es sollte auch im Interesse Kanths sein, die Bildung seiner Bürger wieder in die üblichen Bahnen gelenkt zu sehen. Und unser Interesse ist es, dass vor Ort alles wieder so läuft, wie es soll. Oder siehst du es anders?


    R O L L E N S P I E L:

    Er hat die beruhigende Hand nicht vom Arm des anderen genommen, während er Dastan ein verlegenes Lächeln schenkt.

  • R O L L E N S P I E L:

    Dastan zuckt leicht mit den Schultern.

    Ich hatte schon darauf hingewiesen, dass andere diesen Streit führen müssen.

    Nur aus Interesse, wer muss die Gehälter der Angestellten tragen?

    R O L L E N S P I E L:

    Er lächelt leicht verschmitzt.

    Und wollt ihr trotzdem den Rasen mähen?

  • Ich glaube, dafür würden wir nicht bezahlt werden und man würde es uns als Freizeit vom Gehalt abziehen.


    R O L L E N S P I E L:

    Der Besonnenere schüttelt den Kopf, um seinen Worten Nachdruck zu verleihen.


    Und die Gehälter werden von dem bezahlt, der die Angestellten anstellt. Wenn das die Akademie getan hätte, würde auch sie dafür aufkommen. Dafür erhält sie von den Steuern einen entsprechenden Anteil. Also grob: Alle Staaten bezahlen die Angestellten.

  • Zu schade, Mekor, das ist der Hausmeister und er geht auf die 60 zu, der hätte sich bestimmt gefreut. Ich finde es beeindruckend, dass er noch immer auf dem Dach rumklettert, um die Schindeln in Ordnung zuhalten, so rüstig will ich in dem Alter auch noch sein.

    Aber klingt an sich nach einem guten System.

    Was sucht ihr denn hier oben? Ich hab als Kind so ziemlich jeden Winkel des Hauses durchstreift, vielleicht kann ich euch ja weiterhelfen.

  • Alles klar, das ist gu- äh nein, eigentlich eher schade, dann müssen wir wohl weitersuchen. Was dagegen, wenn wir gleich hier mit nachschauen? Ein solches Wissen ist gefährlich und muss sofort konfisziert werden. Und die widerliche Propaganda des Totenwalds ist kein schöner Anblick. Den würden wir dir gerne ersparen.

  • Könnt ihr das morgen machen, wenn ich das hier sauber habe? Ich hab weder die Zeit noch Lust, das zweimal zu machen, und es ist auch für euch viel angenehmer.

    Den Raum - und auch das restliche Institut - habe ich im Laufe der Jahre bestimmt über dreizigmal sauber gemacht und habe hier nie was entsprechendes gesehen.

  • Wir können auch für dich durchfegen, wenn wir fertig sind, das wird sowieso ein paar Tage dauern, so wie ich die Sache sehe. Dann kannst du dich jetzt an das Rasenmähen und so machen, das war dir ja auch wichtig. Ist doch viel besser so, dann ist die Lösung für alle Probleme gleich gefunden.


    R O L L E N S P I E L:

    Während er noch redet, kniet sein Verwandter schon an der ersten offenen Kiste.

  • Nein, das kann ich nicht. Und ihr werdet wohl kaum fürs Fegen bezahlt, wenn Rasen mähen da auch nicht zugehört, und dasss es am Ende nur Husch Husch gemacht wurde kann ich echt nicht brauchen. Den Ärger habe dann schließlich ich.

    Hey du kannst doch nicht einfach das Siegel so brechen, das schützt den Inhalt. Und du machst auch alles wieder dreckig. So dauert das hier noch länger.

    Wenn ihr hier sowieso Tage braucht, kommt es auf einen Tag wohl nicht an.


    R O L L E N S P I E L:

    Er schickt Mariza eine Nachricht:

    "Zwei Nachnamenlose Assistenten Rhan und Nadir machen mir das Leben schwer, die sind irgendwie merkwürdig."

  • Na dann brauchst du doch gar nicht fegen bis wir fertig sind.


    R O L L E N S P I E L:

    Meint der andere, als der andere gerade aufsteht und den Fegenden ansieht.


    Aber diese Kiste und hat doch gar kein intaktes Siegel. Aber wie Nadir bereits sagte, kannst du einfach alles hier lassen und in Ruhe etwas anderes tun. Dann schauen wir uns derweil alle Kisten hier an. Je schneller wir hier durch sind, umso schneller kannst du wieder fegen.

  • R O L L E N S P I E L:

    Dastan seufzt laut.

    Den halben Raum habe ich schon fertig und den werde ich nicht nochmal machen, wie ich schon sagte, die Zeit fehlt mir. Und ich werde nicht woanders anfangen, weil man sowas von oben nach unten macht, damit man die fertigen Bereiche nicht wieder einsaut und sich doppelte Arbeit macht.

  • Ich glaube fast, deine Nummer vorhin war nur halb gespielt.


    R O L L E N S P I E L:

    Rhan verdreht die Augen.


    Wir sagten doch gerade, dass du alles so lassen kannst, bis wir mit der Kontrolle fertig sind. Du hast also jetzt komplett freie Zeit und wir können unsere Arbeit hier machen. Wenn wir in ein paar Tagen fertig sind, können wir gerne auch eine professionelle Reinigungsfirma kommen lassen, die in unserem Gebäude für uns putzt. Also musst du die Arbeit nie wieder machen. Dann kannst du jetzt darüber feiern und so. Und natürlich müssen dann auch professionelle Arbeiter für die Gartenarbeit her, dann ist das auch nicht mehr deine Sache.

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